Online-Dating:So verliebt man sich im Netz

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Einige Angebote setzen auf den schnellen Flirt, andere errechnen per Algorithmus, wer langfristig zusammen passen könnte.

Von Katharina Kutsche, München

"Das Ideal der Romantik trägt immer noch", sagt Andreas Schmitz, auch wenn heute die Art der Partnersuche nicht mehr so romantisch ist: "Wir leben in einer technisierten Welt, da wird vieles über das Internet abgewickelt, Buch kaufen, Partner suchen."

Schmitz ist Soziologe und forscht an der Universität Bonn zum Thema Online-Dating und Partnersuche. Er sagt: "Diese Art der Partnersuche ist ein Ausdruck von gesellschaftlichen Verhältnissen." Hohe Single-Raten, mehr Selbstbestimmung, mehr rationales Vorgehen.

Laut einer Befragung von Kunden der Internetagenturen sind die drei Hauptgründe dafür, dass Menschen sich im Internet auf die Suche machen: Hier können sie gezielt suchen, es gibt viele mögliche Partner und viele haben das Gefühl, im echten Leben kaum noch Singles zu treffen.

Online-Börsen gibt es inzwischen viele. Da sind zum einen die Singlebörsen, in denen sich eher Jüngere tummeln, die auf der Suche nach Spaß und neuen Freunden sind. Hier geht es eher ums Dating, unverbindliche Treffen, aus denen etwas werden kann oder eben nicht. Die mobile App Tinder etwa vermittelt zwischen Nutzern, deren Smartphone in der gleichen Funkzelle eingeloggt ist. Sie liefert ihren Kunden Fotos, Vorname und Alter. Nicht mehr, nicht weniger. Der Nutzer entscheidet nach einem Blick auf die Bilder, an wem er Interesse hat und an wem nicht. Einen Kontakt stellt die App jedoch erst her, wenn sich beide Benutzer gegenseitig interessant finden.

"Beim Online-Dating bin ich verliebt, bevor ich den Anderen gesehen habe."

Zum anderen gibt es die Partnerbörsen, sie versprechen die Vermittlung von Singles, die an einer ernsthaften Beziehung interessiert sind. Die Marktführer wie Par-ship und Elitepartner setzen dabei auf das sogenannte Matching: Anhand der Informationen, die die Nutzer in ihrem Profil hinterlegt haben, errechnet ein Algorithmus, welcher Partner geeignet sein könnte. Dazu müssen Nutzer in einem Psycho-Test knapp 90 Fragen beantworten, etwa zur eigenen Belastbarkeit und Reaktion bei Stress.

Die meisten Angebote sind mit Kosten verbunden. Zwar können sich Nutzer zunächst einen kostenfreien Account anlegen, quasi zum Ausprobieren, doch dessen Funktionen sind beschränkt. Die Premium-Accounts kosten dagegen. Die Unternehmen vertrauen dabei wohl nicht auf den schnellen Erfolg der eigenen Vermittlung: Bei Parship etwa ist im Minimum ein Sechs-Monats-Abo erforderlich, das monatlich knapp 75 Euro kostet.

Die teils hohen Kosten schrecken manche Nutzer offenbar nicht davon ab, sich bei mehreren Online-Börsen gleichzeitig anzumelden. Andrea Bräu, Paartherapeutin in München, kennt das von ihren Klienten: "Das hat den Vorteil, dass ich mit einem minimalen Aufwand den maximalen Nutzen habe, das größtmögliche Angebot." In ihrer Praxis führt Bräu auch Einzelgespräche mit Singles auf der Suche nach einem Partner. Deren Gründe: "Ich arbeite viel und habe keine Zeit, abends in Kneipen abzuhängen", hört Bräu oft. Wer lange arbeitet, Zeit für Sport und Hobbys aufwendet, dem bleibt für die aktive Partnersuche weniger Zeit.

Doch auch wenn das Online-Dating nicht die Gesellschaft verändert, wie Soziologe Schmitz sagt, verändert es doch die Art, wie eine Beziehung aufgebaut wird. So erklärt Bräu: "Man zäumt das Pferd von hinten auf." Die Online-Portale bieten vermeintlich geeignete Partner an und ermöglichen einen Austausch per E-Mail. Dabei erschaffen sich manche ein Bild von ihrem Gegenüber, nur anhand seiner Worte. "Beim Online-Dating bin ich verliebt, bevor ich den Anderen gesehen habe", sagt Bräu. "Früher habe ich den Menschen kennen gelernt, bevor ich mich geöffnet habe. Jetzt öffne ich mich, bevor ich den Menschen kennen lerne." Bräu ist skeptisch, was die Erfolgsaussichten angeht, auch wenn die Anbieter etwas anderes versprechen: "Die Chancen sind nicht anders als im realen Leben."

© SZ vom 06.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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