Netzausbau:Zerrieben und zerredet

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Die Regierung hat sich einigermaßen ambitionierte Ziele gesetzt, tut sich beim Netzausbau aber schwer. Warum eigentlich?

Von helmut Martin-Jung, München

Deutschland ist nicht Dänemark. 14-mal mehr Einwohner hat die Bundesrepublik, und sie ist flächenmäßig achtmal größer als ihr nördlicher Nachbar. In einem Punkt aber ist Dänemark ein Riese, beim Internet: Wenn es darum geht, wie intensiv sich ein Land bereits auf die Herausforderungen eingestellt hat, die mit der Digitalisierung einhergehen, dann ist das kleine Dänemark dem großen Deutschland weit voraus.

Egal, auf welche Indikatoren man blickt - zu mehr als einem Platz im Mittelfeld reicht es nicht für Deutschland. Zwar hat sich die Regierung einigermaßen ambitionierte Ziele gesetzt. So sollen zum Beispiel bis 2018 allen Bürgern Internetzugänge zur Verfügung stehen, die mindestens 50 Megabit pro Sekunde (Mbit/s) übertragen können. Doch ob die Umsetzung dieses Vorhabens klappen wird, ist fraglich.

Denn die zehn Milliarden Euro, die Verkehrsminister Alexander Dobrindt vor Kurzem auf der Computermesse Cebit nannte, hat er erstens noch nicht, zweitens soll er damit auch andere Infrastruktur-Vorhaben finanzieren. Und selbst wenn der Minister tatsächlich die vollen zehn Milliarden ausgeben könnte, würde es nicht ausreichen; die Schätzungen reichen von 20 bis 80 Milliarden Euro, die für den Ausbau eines wirklich schnellen Netzes notwendig wären.

Höhere Kosten entstünden vor allem dann, wenn verstärkt Glasfaserkabel verlegt würden - und zwar bis in die Häuser hinein. Das wäre dafür allerdings zukunftssicher. Denn die jetzt oft bevorzugte Lösung, aus den alten Kupferleitungen, die eigentlich fürs Telefonieren gedacht waren, noch die letzten Bits herauszuquetschen, führen in eine Sackgasse. Recht viel mehr als 50 Mbit/s, in günstigen Fällen bis 100 Mbit/s, schafft man damit nicht. Das Dumme daran ist: Damit dies funktioniert, muss ein Anbieter alleine die Hoheit über den nächstgelegenen grauen Kasten haben, in dem die Leitungen aus den Häusern zusammenlaufen. Das aber benachteiligt vor allem die kleineren Anbieter, während sich zum Beispiel der Ex-Monopolist Telekom zumindest auf absehbare Zeit Investitionen ersparen kann.

Schnelle Datennetze müsste die Grundlage sein für eine Wirtschaft, die mehr und mehr davon abhängt. Doch in der Politik wird das Thema zerrieben zwischen drei Ministerien. Dazu gibt es noch Gremien, die wenig zu sagen haben, so etwa der Ausschuss Digitale Agenda, der nur beratende Funktion hat. Und natürlich ist das Thema, in dem viel Geld steckt, eines, bei dem auch Lobbyisten eine wachsende Bedeutung haben - von Großunternehmen wie Microsoft oder Google bis hin zu rührigen Netzaktivisten.

© SZ vom 25.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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