Nafta:Zurück in die USA

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Präsident Donald Trump bedrängt die Hersteller. Die fürchten um die Zukunft der nordamerikanischen Freihandelszone.

Von Max Hägler und Kathrin Werner, Detroit

Es ist erst ein paar Tage her, dass Sergio Marchionne ein Zeichen des guten Willens Richtung Donald Trump geschickt hat: Fiat-Chrysler will die Produktion des Pickup-Modells Ram von Mexiko zurück in die USA verlegen. "Er hätte die USA nie verlassen sollen", sagte Marchionne auf der Automesse in Detroit. Der einstige Student der Philosophie und heutige Chef des Autobauers Fiat-Chrysler lässt sich nicht nur von Zahlen und Fakten leiten, sondern auch von der Moral. "Es ist unwirtschaftlich, in den USA zu produzieren", sagte er. "Aber wir haben eine Verantwortung." Schließlich seien die Kunden zu 70 Prozent US-Amerikaner - und der Ram ein zutiefst amerikanisches Gefährt.

Es kommt immer wieder vor in diesen Wochen, dass Autobauer große Pläne verkünden, wieder mehr in den USA zu produzieren. Das hat mit der Steuerreform zu tun, die Fabriken in den USA wieder günstiger macht. Es liegt aber auch daran, dass die Konzerne sich mit dem US-Präsidenten gut stellen wollen, der das Freihandelsabkommen Nafta zwischen den USA, Mexiko und Kanada neu verhandeln oder ganz aufkündigen will. Trump macht Nafta für den Verlust von Industriearbeitsplätzen und für das Außenhandelsdefizit seines Landes verantwortlich. Die Verhandlungen zwischen den Regierungen dauern schon Monate und sollen eigentlich bald abgeschlossen sein. Trump hat aber kürzlich angedeutet, dass er bereit ist, den Gesprächen bis nach der mexikanischen Präsidentschaftswahl am 1. Juli Zeit zu geben. Für die Autobranche ist Nafta ist eines der großen Themen in Detroit.

"Ich kann mir nicht vorstellen, wie die Welt ohne Nafta aussehen würde", sagte Marchionne. Einer der Vorschläge der US-Regierung, wie ein neu verhandeltes Abkommen aussehen könnte, beunruhigt ihn besonders: 85 Prozent der Teile eines Autos müssten aus den Nafta-Ländern stammen, damit bei der Einfuhr in die USA keine Zölle anfallen. 50 Prozent sollen außerdem aus den USA kommen. Diese Zahl kann kaum ein Importeur erreichen. "Ich hoffe doch sehr, dass einige dieser Forderungen, die die US-Regierung vorantreibt, noch einmal angepasst werden", sagte Marchionne. Wenn der Wert "rationaler" sei als 85 Prozent, sei er zuversichtlich, dass Fiat-Chrysler ihn erreichen werde.

Auch die US-Hersteller, die viel in Mexiko produzieren, sorgen sich um Nafta. Ford betont zwar, dass 80 Prozent aller in den USA verkauften Modelle auch in den USA hergestellt würden. Nafta sei aber gut gewesen für die Autobranche, teilte der Konzern per E-Mail-Statement mit - und setzt auf Diplomatie: "Es gibt immer Raum für Verbesserungen. Wir sind dafür, Nafta zu modernisieren, inklusive Währungsmanipulation zu verhindern und gemeinsame Standards für die Autobranche zu fördern." Trump hatte besonders die deutschen Hersteller für ihre Fabriken in Mexiko attackiert. Sie hätten es deutlich leichter in den USA als die Amerikaner in Deutschland. "Wenn man die Fifth Avenue hinuntergeht, hat jeder einen Mercedes Benz vor seinem Haus", sagte er in einem Interview - Chevrolets sehe man dagegen nie in Deutschland.

In Washington sei nicht jedem klar, dass die deutschen Hersteller nicht nur in die USA verkaufen, sondern auch in dem Land produzieren und von dort in die Welt exportieren, klagte Matthias Wissmann, der Präsident des Branchenverbands VDA. "Entgegen des Vorurteils, das es gelegentlich in Washington gibt, verschlechtern wir nicht die Handelsbilanz der USA, sondern wir helfen, sie zu verbessern." Für die deutschen Hersteller, die sowohl in Mexiko als auch in den USA produzieren, ist Nafta wichtig. "Natürlich machen wir uns Sorgen um den Fortbestand der Nafta", sagte VW-Markenchef Herbert Diess. Volkswagen erwarte allerdings, dass das Geschäft so oder so "nicht nachhaltig gestört" werde. Ähnlich sieht es BMW-Finanzchef Nicolas Peter, der ebenfalls nicht glaubt, dass sein Konzern nur wegen eines potenziellen Endes des Freihandelsvertrags Fabriken schließen oder erweitern müsse. Das neue Werk in Mexiko gehe 2019 wie geplant ans Netz. "Wir sehen keinen Grund, unsere interne Planung zu ändern", sagte er. "Ein Ende von Nafta wird zu keiner Verschlechterung unseres Geschäfts führen." Er geht sogar davon aus, dass BMW trotz eines schwachen Automarkts in den USA in diesem Jahr zwischen ein und fünf Prozent mehr Autos verkaufen werde. In den vergangenen 25 Jahren habe BMW mehr als acht Milliarden Dollar in den USA investiert.

Letztlich seien die Konsequenzen dadurch abgemildert, dass alle Autohersteller gleichermaßen betroffen sind, sagte Daimler-Chef Dieter Zetsche. "Ich denke nicht, dass wir in einer anderen Position sind als die ganze Industrie." Ohnehin habe Daimler wenig Einfluss auf diese Entscheidung und agiere deshalb wie immer: Man versuche, einen guten Job zu machen.

© SZ vom 17.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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