Modelle gegen die Krise:Gute Zonen, schlechte Zonen

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Größer, schneller, reicher. China verdankt seinen wirtschaftlichen Aufstieg auch Sonderwirtschaftszonen. Seit 30 Jahren gilt die Idee aus der Volksrepublik als Wachstumsmotor. Doch nicht überall läuft es rosig, ungewollte Folgen lauern.

Karl-Heinz Büschemann

Deng Xiaoping hat vor 30 Jahren die Tür aufgestoßen. Der Nachfolger des allmächtigen chinesischen Parteichefs Mao wollte das kommunistische Riesenreich modernisieren und schreckte nicht davor zurück, ausländische Kapitalisten ins Land zu holen. Die sollten Investitionen schaffen, zu denen China nicht in der Lage war.

Das Wunder von Shenzen: Einst ein kleines Fischerdorf, heute eine der größten Städte Chinas. Seitdem Shenzen zur Sonderwirtschaftszone erklärt wurde, boomt der Ort.  (Foto: AFP)

Ein Mittel für die Aufrüstung des Landes waren sogenannte Sonderwirtschaftszonen. China schuf Inseln, in denen die Kommandowirtschaft an Grenzen stößt und Unternehmer freier agieren dürfen. China gehört längst zu den am schnellsten wachsenden Volkswirtschaften der Welt - auch wegen der Wirtschaftsschutzgebiete.

Hohe Gewinne gegen Arbeitsplätze

In der ganzen Welt gelten Sonderwirtschaftszonen als geeignetes Mittel, eine lahmende Wirtschaft anzukurbeln. Ihre Zahl wächst seit den achtziger Jahren erheblich. Steuererleichterungen oder Subventionen sollen Investitionen in den Enklaven erleichtern. Hohe Gewinne gegen Arbeitsplätze, das ist das Geschäft der nach Wachstum suchenden Politiker.

Polen hat seit dem Ende des Kommunismus schon 14 Sonderwirtschaftszonen eingerichtet. Nicht alle laufen gut. Russland versucht sich mit dem Modell der Wirtschaftsinseln und tut sich schwer. Deutsche Politiker diskutierten einst darüber, Ostdeutschland zum ökonomischen Schutzgebiet zu machen. Sie verwarfen die Idee. Am stärksten wird dieses Modell in Asien angewandt.

Nach den Erfahrungen der Weltbank haben die Sonderwirtschaftszonen in China "einen maßgeblichen Beitrag zum wirtschaftlichen Erfolg" des Landes geleistet. Sie hätten, so das Institut, für Wachstum, Beschäftigung und Exporte gesorgt. Sonderwirtschaftszonen hätten "eine wichtige Rolle bei der Einführung neuer Technologien und moderner Management-Methoden gespielt".

Allerdings sind die chinesischen Spezialzonen nicht eine Art Gewerbegebiet mit günstigen Steuern, billigem Strom und gutem Verkehrsanschluss am Rande einer Stadt. In China wurden ganze Provinzen zu solchen Zonen gemacht. Die ersten fünf Sonderwirtschaftsgebiete des Landes sorgten 2006 schon für fünf Prozent des Sozialprodukts und für neun Prozent der ausländischen Direktinvestitionen.

Auch auf den Philippinen haben die Enklaven funktioniert. "Mindestens 85 Prozent der Exporte des Landes gehen auf Sonderwirtschaftszonen zurück", sagt Cid. L. Terosa von der University of Asia and the Pacific über die Entwicklung des Inselreiches. "Unsere Hauptexportprodukte wie Halbleiter und verwandte Waren, werden in Sonderwirtschaftszonen hergestellt."

Ungewollte Folgen

Klagen gibt es aus Indien. Mitte des vergangenen Jahrzehnts kam es auf dem Subkontinent zu Revolten und Generalstreiks, weil die Regierung eine Sonderwirtschaftszone in Westbengalen einrichten wolle. Die Menschen gingen auf die Straße. Sie wollten keinen Anschluss an die globalisierte Welt. Dem indischen Staat sind nach Untersuchungen durch Sonderzonen für Unternehmen in den vergangenen fünf Jahren Steuern von über 40 Milliarden Dollar entgangen. Das sorgt für Frust in einem Land, in dem es an grundlegenden Leistungen des Staates für die Menschen fehlt.

Oft hat die Einrichtung einer Schutzzone für die Politiker ungewollte Folgen. Nicht selten müssen Regierungen zum Ausgleich Firmen subventionieren, die außerhalb der Zonen liegen und nicht von Sonderregeln profitieren. Oft wechseln Unternehmen einfach in eine Wirtschaftszone. Am Ende hat der Staat weniger Steuereinnahmen, aber die Volkswirtschaft keinen zusätzlichen Job.

Daher sehen Ökonomen Sonderwirtschaftszonen nicht nur positiv. Was ist, wenn die Regelungen für die Sonderzone auslaufen und die Zeit der Erleichterungen vorbei ist? "Dann ist keineswegs sicher, dass die Unternehmen in die Normalität übergehen", weiß Ökonom Christian Dreger vom DIW in Berlin. "Damit haben sie mitunter Schwierigkeiten."

© SZ vom 01.09.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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