Michael Lohscheller:Opel startet neu

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Opel-Chef Michael Lohscheller. (Foto: dpa)

48 Stunden nachdem Karl Thomas Neumann seinen Abschied ankündigt, übernimmt Finanzchef Michael Lohscheller die Führung bei Opel.

Von Max Hägler, München

Ein Torhüter soll es nun also richten bei Opel. 15 Jahre lang hat Michael Lohscheller für Borussia Bocholt versucht, die Bälle zu halten. Ein prägendes Hobby, weil er immer noch gern darüber spricht - und daraus Fußballkompetenz ableitet. Im Berufsleben war er bislang vor allem ein Mensch der Zahlen, wenn man so will im Tor und in der Verteidigung: Auf dass man nicht zu viele Gegentreffer kassiert und das Ergebnis einigermaßen stimmt. Am Montagnachmittag ist er in seinem Unternehmen in den Angriff berufen worden: Als Nachfolger von Karl Thomas Neumann soll er den Autobauer aus Rüsselsheim in die Zukunft führen.

Der Abgang des Vorgängers kam nicht mehr überraschend, hatte sich über die vergangenen Monate angedeutet. Der Manager mit Hang zur Selbstdarstellung hatte sich weitgehend zurückgezogen, suchte nicht mehr das Gespräch. Er war überrascht worden zu Jahresbeginn von den Plänen des bisherigen Eigentümers General Motors, die deutsche Tochter an den Peugeot-Konzern zu verkaufen. Die Konzernmutter in Frankreich statt in den USA - unter diesen Umständen hatte er offensichtlich wenig Interesse mitzumachen.

In den vergangenen Tagen verdichteten sich dann die Hinweise auf seinen Abgang, über den der neue Eigentümer wohl nicht ganz unglücklich ist: In seinen vier Jahren als Opel-Chef hat Neumann zwar das verstaubte Image aufgefrischt, aber nicht die Rückkehr in die schwarzen Zahlen erreicht. Doch das vor allem fordert der pragmatische, effizienzorientierte Peugeot-Chef Carlos Tavares von dem deutschen Unternehmen, das nach Prüfung durch die Kartellbehörden noch im Sommer den Besitzer wechseln soll.

Vielleicht war auch dies ein Grund für die Trennung: Tavares, der brutal Nüchterne. Neumann, ein verspielter Marketingaktivist, der seinen Rückzug per Twitter selbst vermeldete: "Bin eben als Vorsitzender der Geschäftsführung zurück getreten. Bleibe als Mitglied der Geschäftsführung bei Opel bis zum Closing." Das passt kaum zusammen. Nun also Lohscheller, der strebsame Verteidiger. Es gilt die Regel in großen Konzernen, dass der Finanzchef das Backup ist, wenn der Vorstandsvorsitzende ausfällt. Insofern ist die Personalie verständlich. Aber andererseits überrascht es in der Autobranche - die Konkurrenz und die Arbeitnehmervertreter. Denn dieser Mann gilt eben auch vom Charakter her als: Torwart. Viele hatten eher damit gerechnet, dass Vertriebschef Peter Küspert oder Marketingvorstand Tina Müller den Chefposten übernehmen - letztere hat allerdings kaum Technikexpertise.

Ganz anders Lohscheller: Der hat bis zu seinem Wechsel nach Rüsselsheim im Jahr 2012 lange bei VW gearbeitet, war unter anderem Finanzchef in den USA, just übrigens zu der Zeit, als die VW-Ingenieure die Dieselmotoren mit Betrugssoftware ausstatteten. Aber dass er davon mitbekam, glaubt in Wolfsburg niemand. Der studierte Kaufmann Lohscheller sei ein hervorragender Finanzexperte. Aber nicht mehr. Keiner für die Breite, keiner mit besonderen Visionen. "Der ist diametral anders als Neumann", sagt einer, der mit beiden gearbeitet hat und beide kritisch sieht.

Tavares indes, der baldige Übervater von Opel, ist überzeugt von dem 48-Jährigen: "Meine persönliche Zusammenarbeit mit Michael Lohscheller ist sehr positiv und vertrauensvoll", lässt er mitteilen. Der Manager besitze ein umfangreiches Wissen über die Marken Opel und Vauxhall und den Automarkt. Entsprechend freue er sich sehr darauf, mit Lohscheller "an der Neuausrichtung von Opel als eine werthaltige Marke mit deutschen Wurzeln innerhalb der Groupe PSA zu arbeiten", erklärt der PSA-Chef. Den umtriebigen Vorgänger erwähnt er mit keinem Wort.

Die Eckdaten der Neuausrichtung sind bekannt: Ab dem Jahr 2019 könnten Kündigungen anstehen, zuvor gelten Standortgarantien. Spätestens im Jahr 2020 muss der Autobauer in den schwarzen Zahlen sein - nach beinahe zwei Jahrzehnten, in denen Opel nur Miese machte. In spätestens neun Jahren soll das Unternehmen mit derzeit 38 000 Mitarbeitern ordentlich Gewinn erwirtschaften - und zwar sechs Prozent Umsatzrendite.

© SZ vom 13.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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