McDonald's:Rezepte gegen die Krise

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So wie dieser Nachbau sah die erste McDonald's Filiale in den USA aus. Aus ihr entstand ein Weltkonzern. (Foto: Jeff Haynes/AFP)

Die Fast-Food-Kette McDonald's steckt in der Sackgasse, Kunden wandern zur Konkurrenz ab. Nun müssen neue Konzepte her. Doch das ist nicht so einfach.

Von Kathrin Werner, New York

Nur 54 Sekunden. Gerade mal so viel Zeit nimmt sich der neue McDonald's-Chef Steve Easterbrook für sein Lob für Mitarbeiter, Lieferanten und die große Geschichte seines Unternehmens. Dann kommt das große Aber: "Aber kein Unternehmen und keine Marke hat ein gottgegebenes Recht auf Erfolg", sagt er. "Es ist Realität, dass unsere Leistung in letzter Zeit dürftig war. Die Zahlen lügen nicht." Genau 22 Minuten und 16 Sekunden widmet Easterbrook in einer Videobotschaft dem Tadel und seinen Plänen, wie er McDonald's ändern will. "In den vergangenen fünf Jahren hat sich die Welt außerhalb schneller bewegt als innerhalb unseres Unternehmens", sagt er. "Ich werde nicht vor der dringenden Notwendigkeit zurückschrecken, dieses Unternehmen neu auszurichten."

Würde die Wirtschaftswelt nach dem Motto "Gefahr erkannt, Gefahr gebannt" funktionieren, dann hätte Easterbrook keinen Grund mehr zur Sorge. Der Brite, Jahrgang 1967, ist seit Anfang März Chef des Fast-Food-Weltmarktführers. Er hat 20 Jahre, den Großteil seiner Karriere, bei McDonald's verbracht und kennt die großen Probleme des 60 Jahre alten Konzerns. Anleger, Finanzanalysten und Mitarbeiter haben darauf gewartet, dass er ihnen erklärt, wie er sie lösen will. Bislang sieht es nicht so aus, als würden sie seinen Ideen vertrauen. Nachdem McDonald's sein Video ins Internet gestellt hat, ist der Aktienkurs um fast zwei Prozent gesunken. Und die Ratingagentur S&P hat die Kreditwürdigkeit herabgestuft.

Selbst die Amerikaner schrecken inzwischen vor zu viel Fett und Kalorien zurück

Denn statt einer neuen Vision, wie er McDonald's-müde Kunden zurück in die 36 000 Restaurants locken will, redet Easterbrook in seinem Video vor allem vom sparen. Er will zum Beispiel 3500 Filialen, die im Moment dem Konzern gehören, an Franchisenehmer verkaufen. Ende 2018 soll McDonald's nur noch zehn statt derzeit 19 Prozent aller Restaurants selbst betreiben. Außerdem organisiert er die Abteilungen um. Bislang führen Regionalfürsten ihre Reiche, Easterbrook selbst war einst für Europa zuständig. Nun werden die Länder nicht mehr nach Geografie zusammengefasst, sondern nach Wachstumstempo in vier Gruppen. Deutschland, Australien, Kanada, Frankreich und Großbritannien bilden künftig eine Einheit namens "internationale Führungsmärkte". China, Russland, Polen, Spanien, die Schweiz, Südkorea, Italien und die Niederlande sind die Gruppe mit starkem Wachstum. Die USA sind eine eigene Einheit, der Rest der Welt ist die vierte Gruppe. Die neue Struktur soll pro Jahr 300 Millionen Dollar einsparen. Ob und wie viele Arbeitsplätze wegfallen, sagt Easterbrook nicht. McDonald's soll eine "moderne, progressive Burger-Firma" werden, das sagt er gleich mehrfach.

McDonald's kämpft schon seit Jahren mit Kundenschwund, vor allem auf dem wichtigen Heimatmarkt. Das Unternehmen hat in den USA 14 000 Filialen, die mehr als 40 Prozent zum Betriebsgewinn beisteuern - Tendenz fallend. Der Umsatz in den Restaurants sinkt seit fünf Jahren. Der Geschmack der Menschen hat sich verändert. Sogar die traditionell wenig gesundheitsbewussten Amerikaner schrecken inzwischen vor zu viel Fett und Kalorien zurück.

Die Erzrivalen Burger King und Wendy's schlagen sich besser im Billigsegment. In der mittleren Preisklasse werben Firmen wie Chipotle Mexican Grill, Panera und Five Guys die Kunden ab. Am meisten Aufmerksamkeit bekommt gerade die Burgerkette Shake Shack aus New York, die schnell wächst, erst vor wenigen Monaten mit großem Erfolg an die Börse gegangen ist und jetzt frisches Geld für die Expansion hat. Außerdem gibt es immer mehr Luxus-Burger-Spezialisten. Nicht nur in der Gourmet-Hauptstadt New York sondern inzwischen in jeder amerikanischen Kleinstadt boomen alternative Hamburgerrestaurants, in denen richtige Köche die Burger braten.

In New York kann man sich den Big Mac jetzt auch liefern lassen. Für zwölf Dollar

Der Trend ist inzwischen auch in Deutschland und vielen anderen Ländern angekommen. Neue Anbieter werben damit, dass ihr Essen besser, gesünder, frischer und persönlicher ist als bei McDonald's und trotzdem schnell serviert.

Auch beim Frühstück, mit dem McDonald's einen großen Teil seiner Umsätze macht, wächst die Konkurrenz zum Beispiel durch die Tex-Mex-Kette Taco Bell - und zwar so aggressiv, dass US-Medien von einem Frühstückskrieg sprechen.

McDonald's hat ein Imageproblem, die Marke steht für billige Kalorienbomben, schlechte Arbeitsbedingungen und Zutaten mit ungeklärter Herkunft. Easterbrook soll das ändern - deshalb hatten Aktionäre darauf gehofft, dass er in seinem Video mehr von seiner Kundenstrategie und neuen Produkten sprechen würde. Am Anfang sah es so aus, als würde er schnell handeln. Unmittelbar nach seiner Amtsübernahme hatte er die Antibiotika-Richtlinie verkündet. Demnach sollen die amerikanischen Filialen kein Geflügel mehr verkaufen, das mit Medikamenten behandelt wurde, die auch bei der Behandlung von Menschen verwendet werden. So solle das Risiko gesenkt werden, dass die Antibiotika in der Humanmedizin nicht mehr wirken.

Das Unternehmen hat in den vergangenen Monaten schon einige Tests gestartet, um das Angebot zu modernisieren. In Kalifornien läuft ein Pilotprogramm namens Create Your Taste, bei dem Kunden ihren Hamburger nach eigenem Geschmack zusammen stellen können. Sie haben zum Beispiel mehr Auswahl an Brötchen und "natürlichen Käsesorten", die Fleischplatten werden erst gegrillt, wenn die Kunden sie bestellt haben. Es gibt Premium-Sandwiches, zum Beispiel mit Sirloin-Steak, einem besonders mageren Fleisch. All diese Gerichte sind allerdings teuer für McDonald's - und der Konzern ist mit dem Konzept groß geworden, an möglichst viele Menschen möglichst schnell immer genau das Gleiche zu verkaufen. Die Spezialisierungen machen das Geschäft komplizierter, dauern länger und brauchen deshalb mehr Arbeitskräfte. "Offensichtlich wollen Kunden mehr Anpassungsmöglichkeiten in Schnellrestaurants, aber traditionell sind Anpassungsmöglichkeiten nicht die Stärke von McDonald's. Franchise-Nehmer beklagen sich schon, dass Restaurants zu kompliziert zu managen werden", sagte Mark Kalinowski, Restaurantexperte bei der Finanzberatung Janney Montgomery Scott, der New York Times.

Österreich ist der Testmarkt für Europa. An 22 Standorten gibt es schon neue Schalter, an denen man sich Burger selbst zusammenstellen kann, zum Beispiel mit einer anderen Sauce oder eine Extra-Scheibe Käse. Das Essen wird erst nach der Bestellung zubereitet. In Wien gibt es schon seit Monaten einen McDonald's-Lieferdienst. Der soll nun auch auf dem Krisenmarkt der Vereinigten Staaten getestet werden. In New York arbeitet der Burgerbrater seit Neuestem mit dem Start-up Postmates zusammen, das Einkäufe und Essen für verschiedene Restaurants und Supermärkte ausliefert. Ob hungrige New Yorker allerdings bereit sein werden, für einen Big Mac und die Liefergebühr insgesamt 12 Dollar zu zahlen, ist aber noch unklar.

© SZ vom 06.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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