Managergehälter:Mythos und Mittelmaß

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Die Aufregung über Managergehälter ist vor allem eine Verärgerung über ihre Öffentlichkeitsscheu.

Dagmar Deckstein

Nun wissen wir also auch das: Deutsche Konzernchefs werden besser bezahlt denn je, jedenfalls was ihr Fixgehalt von durchschnittlich 3,8 Millionen Euro im Jahr betrifft. Das hat die Deutsche Schutzgemeinschaft für Wertpapierbesitz fürs Jahr 2007 penibel ausgerechnet. Es mag an der Urlaubszeit liegen, dass lediglich ein Stallwächter der Sozis das Thema polternd aufgriff: Zumutung für die zur Lohnzurückhaltung verdonnerten Arbeitnehmer usw. usw..

Reiche Manager: Deutschlands Konzernchefs verdienten im vergangenen Jahr durchschnittlich 3,8 Millionen Euro. (Foto: Foto: ddp)

Aber der eigentliche Aufreger hinter den Säcken voller Geld ist vielleicht nur ein ganz anderes Unbehagen. Wer sind die eigentlich, die da - so will es der verbreitete Glaube - ganz allein die Geschicke ganzer Konzerne mit hunderttausenden von Mitarbeitern deichseln? Man kennt ihre Konterfeis aus der Zeitung, hin und wieder sieht man sie kurz im Fernsehen beim Verlesen der Bilanzzahlen. Ein Normalsterblicher bekommt diese Heroen der Wirtschaft nur in den seltensten Fällen leibhaftig zu Gesicht.

Wie auch, wenn sie ihr Leben im wesentlichen in gepanzerten Limousinen und First-Class-Lounges der Flughäfen verbringen. Selbst die eigenen Mitarbeiter erhalten nur selten die Chance, ihres CEOs angesichtig zu werden, weil der sich im "Executive Lift" alias Bonzenschleuder von der Tiefgarage nonstop in den 26. Stock katapultieren lässt. Und den Wink seines PR-Chefs, sich mal in der Kantine blicken zu lassen, mit den Worten "ich lass' mich doch nicht wie ein Affe im Zoo bestaunen" zurückweist. Auch das ist verbürgt. Dieser Chef wurde allerdings später aus dem Biotop seines Vorstandsbüros vertrieben.

Neulich trafen wir einen, der sich das Vergnügen gönnte, mal so recht saftig mit Seinesgleichen abzurechnen: Dieses Mysteriöse, dieses nicht Greifbare, das diene doch auch der Absicherung der Macht. Weiter sagte er: Management, gerade wenn es mittelmäßig ist, lebt sehr stark von eben dieser Mystifizierung, von den Ritualen, von den Statussymbolen, von der Distanz.

Mittelmaß braucht Distanz

Das ist ja seit Jahrtausenden nichts Neues: Der König braucht ein Schwert und ein Zepter, weil man sonst vielleicht nicht erkennen würde, dass er der König ist. Und der Vorstandschef oder der Kanzler braucht einen größeren Sessel, damit man erkennt, wer der Vorstandschef oder der Kanzler ist. Wer aber durch Kompetenz und Wissen glänzt, braucht solche Statussymbole nicht. Seine Autorität macht jedem klar, wer der Chef ist. Nur mittelmäßige Manager sind angewiesen auf Distanz zu ihren Leuten. Denn je geringer die Distanz wird, umso deutlicher erleben die Mitarbeiter ja, ob diese Führungsperson etwas kann. Und umso besser erkennen sie die Mittelmäßigkeit, was ja eben vermieden werden soll. So gerät Mystik zum gezielten Stilelement.

So weit unser Konfident, der wissen muss, wovon er redet, ist er doch seit vielen Jahren selbst im Geschäft da ganz oben. Er kennt seine Pappenheimer so gut, dass er vielen seiner Artgenossen kein Spitzenzeugnis ausstellen mag, was ihre rhetorischen Fähigkeiten oder ihre Schulungsbereitschaft anlangt. Kein Wunder also, dass sie Berührungsängste mit der Öffentlichkeit haben und diese im Dunkeln tappen lassen, statt ihr die Gesetze der Globalisierung im allgemeinen und der Manager-Märkte im besonderen zu erklären. Und so wird sich weiter aufgeregt werden über die Millionen, die in Taschen fließen, von deren Besitzern man gerade mal den Namen kennt - wenn überhaupt.

© SZ vom 25.08.2008/tob - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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