Märchenstunde mit Minister:Guttenberg im Glück

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Neuer Job für Guttenberg: In Berlin gibt der CSU-Politiker den Märchenbaron - ganz offiziell. Er erzählt "Hans im Glück".

Silke Bigalke, Berlin

Der goldene Klumpen aus Pappmaschee ist fast so groß wie der rote Kopf des Bundeswirtschaftsministers. Karl-Theodor zu Guttenberg ist an diesem Donnerstag in Berlin Hans im Glück. Er balanciert das Gold auf seiner rechten Schulter. Er hat es von seinem Herrn mit dem bayerischen Akzent bekommen, für sieben Jahre treuen Dienst - und muss den schweren Klumpen nun durch die Hitze schleppen.

Mal ein anderer Job: Guttenberg gibt in Berlin den Märchenonkel - ganz offiziell. (Foto: Foto: Getty)

Der CSU-Politiker Guttenberg liest die Geschichte vom Hans im Glück einer Gruppe von Grundschulkindern vor. "Politiker erzählen Märchen" heißt die Veranstaltungsreihe des Deutschen Zentrums für Märchen, für die sich der Minister eine Stunde Zeit nimmt. Die Sechs- bis Zehn-Jährigen sitzen auf dem Boden vor dem dunkelblauen Ohrensessel mit dem prominenten Erzähler.

Wild gestikulierender Erzähler

Doch der Gast ist kein typischer Märchenonkel. Er hat auch nicht die gesammelten Werke der Gebrüder Grimm mitgebracht, sondern nur ein paar eilig ausgedruckte Papierblätter. Statt sich gemütlich im Sessel zurückzulehnen, gestikuliert sich der Minister wild durch die Geschichte. Er spielt den Hans, fällt von Pferd, gibt der Kuh einen Tritt. Er sitzt kaum still, gerät ins Schwitzen. Den Rinderbauern spricht Guttenberg mit sächsischen Akzent, der Schweinebesitzer kommt aus Franken, und wenn der Minister zu schnell spricht, fällt er manchmal zurück ins Bayerische.

Karl-Theodor zu Guttenberg ist nicht hier, um eine Stunde Auszeit von der Politik zu nehmen. Er ist auch kein Märchenonkel. Er ist hier, um den Kinder etwas beizubringen - und den Journalisten, die ebenso zahlreich erschienen sind und sich um das Häuflein Kinder drängen. Der Shootingstar der Berliner Politik ist derzeit stets für eine Story gut, sei es als Gegner von Frank-Walter Steinmeier (SPD), sei es als Antipode des CSU-Chefs Horst Seehofer.

Der Mann ist Karl-Theodor im Glück.

Das kleine Märchen vom Hans dient nur als Ausgangspunkt für die große Geschichte, die Guttenberg erzählen möchte. Hans will das Gold bekanntlich nicht mehr schleppen und tauscht es gegen ein Pferd; als dieses ihn abwirft, tauscht er es gegen eine Kuh. Die Kuh gibt keine Milch, und so folgt ein ungünstiges Tauschgeschäft nach dem anderen. Am Ende steht Hans mit leeren Händen da und ist glücklich, weil er keinen Ärger mehr mit seinem Besitz hat.

"Hat Hans am Ende wirklich nichts?," fragt Guttenberg. Natürlich habe er das, gibt er selbst eilig die Antwort. Hans sei glücklich, weil er nun frei sei. "Es kommt nicht auf den Goldklumpen an", sagt der Minister. Freiheit ist nur ein anderes Wort dafür, nichts mehr zu verlieren zu haben.

Und was machst du so?

Das Praxisbeispiel dazu ist schnell gefunden. "Was sind eigentlich so deine Aufgaben?", fragt ein kleiner Junge in der anschließenden Fragerunde. Minister Guttenberg erzählt von den schweren Zeiten in der Wirtschaftskrise und von Firmen, die ihn und die Regierung um Hilfe bitten. "Das heißt, wir helfen ihnen nicht immer mit Goldklumpen", sagt der Politiker. Sie bräuchten eher Hilfe, neue Geschäftsmodell zu finden.

Neue Geschäftsmodelle? Die Kinder schauen fragend. Dem hohen Gast fällt eine Gegenfrage ein: "Wisst Ihr eigentlich, was Wirtschaft ist?" Niemand weiß es, also erzählt Karl-Theodor zu Guttenberg von Arbeitern und Arbeitgebern. "Ist Politik eigentlich schwer?", fragt ein anderes Kind. "Es sollte schwer sein", sagt der Freiherr: "Dann ist es auch gut."

Damit ist das Thema durch. Viel mehr interessieren sich die Kinder ohnehin für sein Lieblingsessen, sein Lieblingstrinken, seine Lieblingsmusik und seinen Lieblingssport. Dabei nehmen sie ihre Lieblingsantworten durch Zwischenrufe schon vorweg: Spaghetti, Cocktails, Tokio Hotel und Rugby hätten sie wohl gerne von ihm gehört.

Doch Guttenberg antwortet ehrlich. Und der Mann, der Deutschlands Marktwirtschaft retten soll, nennt: Würstchen, Wasser, Hard Rock und Skilaufen. Es hört sich so an, als ob auch er manchmal glücklich sein kann.

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