Laptopverbot:Bremsmanöver

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Die EU-Kommission und die Luftfahrtbranche fordern Gespräche über den von den USA geplanten "E-Ban" für Flugzeuge. Dies verzögert nun die Entscheidung.

Von Jens Flottau, Frankfurt/Dublin

Henrik Hololei ist der Mann, der in der europäischen Luftfahrtpolitik die Fäden in der Hand hält. Der Este leitet als Generaldirektor das Ressort von EU-Verkehrskommissarin Violeta Bulc und ist wegen seines Fachwissens in der Branche anerkannt. Doch Ende vergangener Woche blieb auch dem sonst gut informierte Hololei, der bei einer Konferenz auf dem Podium saß, nur noch der ständige Blick auf sein Smartphone.

Wie die europäischen Fluggesellschaften und Flughäfen wartete der Brüsseler Spitzenbeamte auf Neuigkeiten aus Washington. Schließlich galt es als ausgemachte Sache, dass die amerikanische Regierung bald Laptops, Tablets und andere elektronische Geräte auf Flügen in die USA aus Flugzeugkabinen verbannen wollte. Der sogenannte E-Ban würde entsprechende Einschränkungen, die schon für zehn Flughäfen im Nahen Osten gelten, auf europäische Airports ausweiten. Die Branche befürchtet das blanke Chaos. Niemand weiß, wie die Kontrollen in der Praxis durchgeführt werden sollten. Erwartet wird kein Plus, sondern ein Minus bei der Sicherheit. Die schlimmsten Befürchtungen, dass nämlich Washington die Entscheidung sofort und ohne Diskussion verkündet, haben sich aber nicht erfüllt.

Seit die zunächst geheimen Pläne in der vergangenen Woche öffentlich gehandelt wurden, hat sich großer Widerstand formiert. Allen voran haben die amerikanischen Fluggesellschaften Beamten des Heimatschutzministeriums Department of Homeland Security (DHS) getroffen und diesen die mutmaßlich verheerenden Auswirkungen auf den Routinebetrieb deutlich gemacht. Anders als im Fall der zehn Nahost-Airports wären nun auch die großen US-Anbieter wie United, Delta und American voll getroffen. Dass die drei nun protestieren "ist unsere größte Chance, den E-Ban noch zu verhindern", sagt ein europäischer Airline-Chef.

Protestiert hat auf ihre Art auch Hololeis Chefin Bulc. Sie hat die Amerikaner in einem Brief freundlich, aber bestimmt aufgefordert, erst einmal zu reden, anstatt einseitige Beschlüsse zu fassen. Schließlich sei es ein gemeinsames Anliegen, den Luftverkehr so gut wie möglich vor terroristischen oder schlicht kriminellen Angriffen zu schützen.

Die Vorstöße haben nun immerhin bewirkt, dass die Entscheidung verzögert wurde. Die EU-Kommission hat die Amerikaner zu weiteren Gesprächen nach Brüssel eingeladen, die am Mittwoch stattfinden, sagte ein Sprecher. Fluggesellschaften und Flughäfen gehen davon aus, dass bis dahin keine neuen Regeln kommen. Doch ob sich die Amerikaner vollständig von ihren Plänen abbringen lassen, ist völlig offen.

Mit dem E-Ban wollen die US-Behörden offenbar Anschläge auf Flugzeuge verhindern, bei denen Laptops verwendet werden. Doch eine große Menge Laptops und Tablet-Computer im Frachtraum während des Fluges erhöhe die Feuergefahr erheblich, warnen Experten.

Ein Brancheninsider kritisiert auch, dass die Auswahl der Geräte auf der Verbotsliste willkürlich sei. Denn auch Mobiltelefone könnten bei Anschlägen missbraucht werden. Smartphones dürfen aber offenbar in jedem Fall weiter in die Kabine mitgenommen werden.

© SZ vom 16.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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