Landwirtschaft:Alles öko

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Alles Bio oder was? Die biologische Landwirtschaft wächst - und bekommt ein neues Regelwerk. (Foto: picture alliance / David Ebener)

Das EU-Parlament legt nun fest, wie biologische Lebensmittel innerhalb der Union produziert werden dürfen.

Von Thomas Kirchner, Straßburg

Die schnell wachsende biologische Landwirtschaft in Europa erhält ein neues Regelwerk mit einheitlichen Standards, die auch für importierte Ware gelten. An diesem Donnerstag wird das Europäische Parlament in Straßburg der Öko-Verordnung zustimmen, eine große Mehrheit ist gesichert. Die Verordnung legt fest, wie biologische Lebensmittel produziert werden dürfen. Sie tritt voraussichtlich im Januar 2020 in Kraft. Der Rat, die Vertretung der Mitgliedstaaten, hatte sich vor einigen Monaten nach dreijährigen Verhandlungen auf die Reform verständigt. Umstritten war zuletzt die Frage von Grenzwerten für die Belastung mit Pestiziden.

In der Öko-Landwirtschaft sei vieles auseinandergelaufen in den vergangenen Jahren, sagte Martin Häusling, agrarpolitischer Sprecher der Grünen im Parlament. Dass es nun EU-weit klare Vorgaben gebe, sei auch im Interesse der Verbraucher.

In Deutschland hatten Branchenverbände die Reform kritisch gesehen. Sie befürchteten, dass die strengen Vorgaben viele Öko-Landwirte zum Aufgeben zwingen würden. Ursprünglich hatte die EU-Kommission feste Pestizid-Grenzwerte vorschreiben wollen. Das hätte zu Schwierigkeiten geführt, wenn Pestizide aus konventionellem Anbau mit Wind oder Regen auf Bio-Felder geraten, weshalb sich eine Mehrheit der EU-Staaten dagegen aussprach. Wer will, kann nun Grenzwerte erlassen. Generell gilt aber, dass ein Bio-Betrieb nicht in Haftung für Rückstände in seiner Ware genommen werden kann, wenn er sich glaubhaft bemüht hat, eine Verunreinigung zu vermeiden. "Als Grundsatz gilt nicht: Bio ist, was frei von Pestiziden ist", sagte Häusling. "Sondern bio ist, was biologisch produziert wurde."

Schweineschwänze dürfen nicht mehr kupiert werden

Ein weiterer deutscher Einwand bezog sich auf die Kontrollen. Deutschland war es wichtig, nicht nur das Endprodukt zu kontrollieren, sondern alle Phasen der Herstellung einschließlich Lagerung oder Tierschutz zu berücksichtigen. Diese "Prozessorientierung" bleibt erhalten. Kontrolliert wird jährlich; bei Betrieben, die drei Jahre nicht gegen die Verordnung verstießen, können es zwei Jahre sein.

Bei Importen, die mehr als 50 Prozent der Bio-Produkte in der EU ausmachen, müssen die bisherigen, sehr unterschiedlichen und oft weit unter europäischem Niveau liegenden Standards abgebaut und durch EU-Regeln ersetzt werden. Zwei Jahre lang dürfen Hersteller in Drittstaaten noch ihre regional oder traditionell bedingten Praktiken anwenden. Nach den Worten Häuslings kam es bei Importen häufig zu Betrugsfällen.

Im Öko-Landbau muss nun grundsätzlich mit lebendigem Boden gearbeitet werden. Eine Ausnahme gilt für nordeuropäische Länder, die zehn Jahre lang in Gewächshäusern auf Substraten Bio-Ware anbauen dürfen.

Verbesserungen bringt die Verordnung beim Tierschutz im Bio-Bereich. So dürfen Schweineschwänze nicht mehr kupiert werden, Zuchtgeflügel müssen Zugang zu Freiflächen und frischer Luft erhalten. Enthornt werden dürfen Tiere nur unter Betäubung oder mit Schmerzmitteln.

Ein Problem in der Öko-Landwirtschaft war bisher, dass es kaum biologisches Saatgut gibt. Die Bauern behelfen sich mit konventioneller Ware. Künftig sollen Datenbanken für Öko-Züchtungen eingerichtet werden, für die andere Regeln gelten. Dadurch könnten auch alte Landsorten vermarktet werden.

© SZ vom 19.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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