Kryptowährung:Spur nach Nordkorea

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58 Milliarden Yen sind verschwunden. Südkoreas Geheimdienst beschuldigt Hacker aus Nordkorea.

Von Christoph Neidhart, Tokio

Nordkorea soll hinter dem elektronischen Raub von 58 Milliarden Yen, etwa 430 Millionen Euro, vorletzte Woche von Tokios Kryptowährungsbörse Coincheck stecken. Diesen Verdacht äußerte ein Vertreter des südkoreanischen Geheimdienstes vor einem Parlamentsausschuss in Seoul, wie Südkoreas Medien melden. Der Diebstahl sei nach dem gleichen Muster abgelaufen wie mehrere Hackerangriffe auf südkoreanische Kryptobörsen im Vorjahr. Nordkoreanische Hacker hätten damals viele "Phishing-E-Mails" an Mitarbeiter von Kryptobörsen geschickt. Solche Mails installieren, falls man sie anklickt, Spionage-Software auf dem Rechner. Damit seien die Nordkoreaner in den Besitz zahlreicher Passwörter gekommen. Nach Angaben aus Seoul stahlen nordkoreanische Hacker im Laufe des vergangenen Jahres mit solchen Beutezügen etwa 540 Millionen Euro von Kryptokonten in Südkorea. Das wären zwei Prozent der Jahreswirtschaftsleistung Nordkoreas.

Nordkorea spürt die Wirtschaftssanktionen. Es kann keine Kohle mehr verkaufen, jedenfalls nicht offen. Jüngst wurde nachgewiesen, dass es Kohle auf offener See in andere Schiffe umladen lässt. Dann wird sie als russische Kohle nach China, Japan oder Südkorea verkauft. In wirtschaftlich knappen Zeiten hat der Norden seine Außenbilanz jedoch auch immer mit kriminellen Geschäften verbessert, so mit Zigaretten- und Drogenschmuggel nach Japan. Und mit Falschgeld. Der Boom der Kryptowährungen, deren Börsen wie im Falle von Coincheck von ganz jungen Männern aufgebaut wurden und schlecht abgesichert sind, dürfte dem Norden wie gerufen gekommen sein. Angeblich soll auch ein Hackerangriff im Mai gegen den US-Gesundheitsdienst (NHS) von Nordkorea ausgegangen sein. Damals blockierte die Malware "WannaCry" die infizierten Rechner. Sie verlangte ein Lösegeld, damit die Blockade aufgehoben wurde.

Naturgemäß gibt es keine unabhängige Bestätigung für den Verdacht. Südkoreas Geheimdienst sagt, er wolle die Vorwürfe nicht bestätigen, solange Japan nicht Stellung bezieht. Angaben über illegale Aktivitäten des Nordens macht er fast immer in geschlossenen Sitzungen mit der Parlamentskommission, und wie manche Koreaner finden, zuweilen vorschnell. Die Parlamentarier erzählen dann den Medien, was sie gehört haben.

© SZ vom 07.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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