Korruption im Rüstungsgeschäft:Schweizer Banken in Bedrängnis

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Die Schweizer Bank UBS in Zürich (Foto: REUTERS)

Holt die Schweiz ihr alter Ruf als Durchlaufstation bei dubiosen Deals wieder ein? Viele mutmaßliche Schmiergeldzahlungen bei Rüstungsdeals in Griechenland sollen über Schweizer Banken gelaufen sein. Ein griechischer Beamter hortete dort Millionen - woher die kamen, interessierte die Bank offenbar nicht.

Von Thomas Knellwolf, Klaus Ott und Tasos Telloglou

Große Rüstungsverträge, dubiose Geldflüsse und viele Konten in der Schweiz. Das sind die Merkmale einer sich ständig ausweitenden Korruptionsaffäre, bei der es um Militäraufträge aus Athen für Firmen aus Deutschland und anderen Staaten geht. Ermittelt wird in Griechenland, in Deutschland, und auch in der Schweiz. Dort sind es bislang nur drei Beschuldigte. Sie sollen die sich der Geldwäsche schuldig gemacht haben. Die Bundesanwaltschaft in Bern, die den Fall untersucht, wertet derzeit Bank-Unterlagen aus. Das Ergebnis soll eine "Geldflussanalyse" sein.

Es könnten leicht noch mehr Verdächtige in der Schweiz werden. Über dortige Banken sind nach Erkenntnissen griechischer Ermittler viele fragwürdige Geldtransfers abgewickelt worden. In den Unterlagen der Athener Staatsanwaltschaft werden bekannte Finanzinstitute aus der Schweiz erwähnt: UBS, Julius Bär und andere.

Millionen in der Schweiz

Holt den Alpenstaat sein alter Ruf als Durchlaufstation bei dubiosen Deals wieder ein? Die Schlüsselfigur in Griechenland, der frühere Rüstungseinkäufer Antonios Kantas aus dem Athener Verteidigungsministerium, hatte viele Millionen bei Julius Bär in Zürich und Singapur angelegt. Das Geld stammte, wie Kantas kürzlich gestand, von 17 Firmenvertretern aus mehreren Staaten für 12 Geschäfte. 8,7 Millionen Euro Schmiergeld, gut verzinst, so dass rund 15 Millionen Euro daraus wurden.

Oder sogar noch mehr. Als das heimliche Vermögen kürzlich aufflog, kam Kantas in Untersuchungshaft und packte schließlich aus. Über seine Konten, seine Geldgeber und die gekauften Rüstungsaufträge für Panzer, Raketen und andere Waffensysteme. Die Ermittler fanden 14 Millionen Dollar auf zwei Konten von Julius Bär in Singapur und eine Million Euro auf einem Konto von Julius Bär in Zürich. Das meiste Geld davon ist inzwischen an den griechischen Staat überwiesen worden.

So viele Millionen, angelegt von Firmen des Spitzenbeamten Kantas, hätte das Julius Bär nicht alarmieren müssen? Musste der Bank nicht klar sein, dass solch ein Vermögen eines Beamten kaum legal zustande gekommen sein konnte? Warum hat Julius Bär nicht nach der Herkunft des Geldes gefragt, um sicher zu gehen, nicht in illegale Geschäfte verwickelt zu werden? Was unternimmt die Bank, um künftig nicht mehr für mutmaßlich kriminelle Geschäfte benutzt zu werden?

Viele Fragen, keine Antworten. "Zu möglichen oder tatsächlichen Kundenbeziehungen können wir grundsätzlich keinen Kommentar abgeben", erklärt Julius Bär. Und weiter: "Zu einem laufenden Verfahren nehmen wir keine Stellung." Die Großbank UBS äußert sich ähnlich: "Wir kommentieren diesen Fall nicht."

Auf ein Konto bei der UBS sollen 800.000 Euro an Kantas überwiesen worden, von der russischen Rüstungsfirma. Als die UBS nach dem Grund für den Geldtransfer gefragt habe, soll Kantas geantwortet haben, es gehe um eine Studie. So steht es in den Akten der Athener Staatsanwaltschaft.

Eine Studie eines griechischen Beamten, die 800.000 Euro wert sein soll? Die Athener Akten enthalten noch mehr skurrile Details dieser Art, und noch mehr Namen von Banken in Zürich und Genf, mit deren Hilfe die mutmaßlichen Schmiergelddeals abgewickelt worden sein sollen.

Einer der geständigen Mittelsmänner, Ex-Militär Papagiotis Efstathiou, legte den Ermittlern sein Konto bei einer Großbank in Genf offen. In den Kontounterlagen sollen Armee-Offiziere als Geldempfänger von Rüstungslieferanten genannt sein. Der Anwalt von Efstathiou sagte dem griechischen Sender Skai TV, Hunderte Offiziere hätten Geld bekommen. Außerdem seien Firmen bezahlt worden, hinter denen vermutlich Politiker stünden.

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Efstathiou war als Berater für die deutschen Rüstungsunternehmen Atlas und Rheinmetall tätig gewesen. Atlas untersucht die Vorwürfe. Rheinmetall weist die Vorwürfe zurück. Man habe keine Schmiergeldzahlungen veranlasst oder getätigt.

Das Schweizer Bankgeheimnis, das früher für solche Geschäfte benutzt wurde, hilft den Beschuldigten heute nicht mehr. In den vergangenen Jahren wurden zwischen den Hauptstädten Athen und Bern im Wege der Rechtshilfe viele Informationen über verdächtige Konten ausgetauscht. Richtig in Schwung kamen die Ermittlungen, als in Griechenland der frühere Verteidigungsminister Akis Tsochatzopoulos vor Gericht gestellt und verurteilt wurde, weil er beim Kauf deutscher U-Boote und russischer Raketen nach Erkenntnissen der Justiz Schmiergelder in Millionenhöhe kassiert hatte. Geldwäsche lautete eines der Delikte.

Aus dem Verfahren gegen Tsochatzpoulos resultieren offenbar auch die Geldwäsche-Ermittlungen der Schweizer Bundesanwaltschaft gegen drei Personen, die in der Finanzbranche tätig sein dürften. Es werden, wie gesagt, wohl nicht die einzigen Beschuldigten in der Schweiz bleiben.

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