Konjunkturkrise:Italien rutscht in die Rezession

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Bittere Erkenntnis für Italiens Ministerpräsident Matteo Renzi: Die schlechten Konjunkturzahlen Italiens werden die Umsetzung seiner Reformen erschweren. (Foto: AFP)

Statt wieder zu wachsen ist die Wirtschaftskraft Italiens im Frühjahr überraschend geschrumpft. Für Regierungschef Renzi sind die schlechten Zahlen ein herber Rückschlag - sogar Athen und Madrid stehen derzeit besser da.

Von Ulrike Sauer

Italiens Wirtschaft ist im Frühjahr überraschend geschrumpft. Das Land verzeichnete von April bis Juni im Vergleich zum Vorquartal eine um 0,2 Prozent geringere Wirtschaftskraft und rutschte damit in die Rezession, wie das Statistikamt Istat am Mittwoch mitteilte. Dies ist schon der dritte Abschwung seit Ausbruch der Finanzkrise 2008. Für Regierungschef Matteo Renzi, der die Konjunktur mit Reformen anschieben will, ist das ein herber Rückschlag.

Seit fünf Monaten führt Renzi das verzagte Krisenland. Sein Versprechen, Italien von seinen Fesseln zu befreien und so nach zwei Jahrzehnten Stagnation wieder zu Wachstum zu verhelfen, löste einen Stimmungswandel aus. Unternehmen und Verbraucher fassten Vertrauen, das Klima hellte sich auf. Die Zuversicht steckte auch die internationalen Finanzmärkte an. Man erwarte mehr Konsum, mehr Investitionen und mehr Wachstum in Italien, sagte Richard Gnodde, Europa-Chef der amerikanischen Investmentbank Goldman Sachs, im Frühjahr. "Ihr werdet von euch selbst überrascht sein", prophezeite er den Italienern.

Nun kommt die böse Überraschung. "Die Zahl kommt völlig unerwartet", kommentierte Luca Mezzomo von der Mailänder Großbank Intesa die neue Entwicklung. "Ohne einen Umschwung im dritten oder vierten Quartal, droht uns auch in diesem Jahr ein Minuszeichen beim Wachstum", twitterte Intesa-Chefvolkswirt Gregorio De Felice. Schon jetzt steht Italien wieder als der kranke Mann Europas da. Spanien wird derzeit für seine Reformanstrengungen mit einem Aufschwung belohnt. Sogar Griechenland verbucht ermutigende Signale. In Italien sank das Bruttoinlandsprodukt zwischen April und Juni auf 340 Milliarden Euro, den niedrigsten Wert in einem zweiten Quartal seit 2000.

Die wirtschaftliche Krise Italiens greift tiefer als befürchtet

Dahinter verbirgt sich eine bittere Erkenntnis: Die wirtschaftlichen Probleme Italiens gehen noch tiefer als befürchtet. Sogar die Konsumanreize Renzis verpufften. Elf Millionen Niedrigverdienern verschaffte die Regierung von Mai dieses Jahres an 80 Euro Steuererleichterungen im Monat. Die Wirkung der Geldspritze sei "fast unsichtbar", stellte der Einzelhandelsverband fest. "Wir sind nun verpflichtet, noch entschlossener zu handeln", entgegnete Renzi.

Doch die schlechten Konjunkturzahlen werden die Umsetzung seiner Reformen erschweren. Der Erneuerer stößt auf hartnäckigen Widerstand im Parlament. Auch Renzis Position in Europa wird geschwächt. Der Italiener wettete darauf, dass die Reformen seinem krisengelähmten Land Wachstum bescheren. Mit dem Erfolg wollte er einen Aufschub bei den Konsolidierungsverpflichtungen erkaufen. Nun droht ihm seine Forderung nach mehr Flexibilität als Schwäche ausgelegt zu werden.

In Brüssel wurde sogleich die Sorge vor "negativen Auswirkungen auf die Staatsfinanzen" laut. Der italienische Finanzminister Pier Carlo Padoan trat dem entgegen: "Drei Prozent Defizit werden 2014 und auch 2015 nicht überschritten", versicherte er.

© SZ vom 07.08.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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