Konjunktur:Wirtschaftsinstitute verbreiten Optimismus

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Die steigenden Börsenkurse wirken: Der ZEW-Index steigt überraschend stark, doch die Fraktion der Schwarzseher warnt vor zu viel Optimismus.

Die Zahlen aus Mannheim lassen Positives hoffen. Das Konjunkturbarometer des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) hat sich im März überraschend aufgehellt. Der Index verbesserte sich auf minus 3,5 Punkte von minus 5,8 Zählern im Vormonat. Dies ist der höchste Stand seit August 2007. Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Volkswirte waren weitaus pessimistischer. Sie hatten im Schnitt mit einem Rückgang auf minus 7,4 Punkte gerechnet. Grund für den gestiegenen Optimismus seien die EZB-Zinssenkungen und die sinkenden Rohstoffpreise, erklärte das ZEW - und wagte sogar einen optimistischen Ausblick: Die Talsohle der Rezession könnte im Sommer erreicht werden.

Bereits im zweiten Halbjahr könnte es wieder aufwärtsgehen mit der deutschen Wirtschaft, glauben Ökonomen. (Foto: Foto: ddp)

Der neue Vorsitzende der Wirtschaftsweisen, Wolfgang Franz, stützt den Optimismus der Mannheimer Forscher. Auch Franz rechnet damit, dass die Konjunkturkrise in diesem Jahr ihren Tiefpunkt erreicht. "Die rasante Talfahrt kann Mitte des Jahres zum Stillstand kommen und eine langsame Erholung beginnen. Das zeigen auch die Erwartungen der Unternehmen, die sich leicht verbessert haben", sagte Franz der Bild-Zeitung.

Schärfste Rezession seit 60 Jahren

Die aktuelle Lage beurteilten die Experten dagegen erneut negativer. Der ZEW-Teilindex verschlechterte sich auf minus 89,4 Punkte von 86,2 Zählern im Vormonat. Die Wirtschaftslage sei extrem schlecht, teilte das Mannheimer Institut mit. Allerdings seien erste Hoffnungsschimmer sichtbar: Der Dax grenzte nach den Daten seine Verluste ein.

Für 2009 erwarten Ökonomen die schärfste Rezession in Deutschland seit Gründung der Bundesrepublik vor 60 Jahren. Bis Ende März, errechnete das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), werde die deutsche Wirtschaft auf den Stand von vor drei Jahren geschrumpft sein. "Die Früchte des letzten Aufschwungs sind aufgezehrt", teilten die DIW-Forscher mit. Konkret erwarten die Experten für das erste Vierteljahr 2009 einen Rückgang des Bruttoinlandsprodukts um 2,2 Prozent. Im Vorquartal gab es ein Minus von 2,1 Prozent.

Unterdessen hat das Institut für Wirtschaftsforschung in Halle seine Konjunkturschätzung massiv gesenkt und befürchtet nun eine deutlich stärkere Schrumpfung der deutschen Wirtschaftsaktivität. Das Bruttoinlandsprodukt dürfte den Berechnungen zufolge im Gesamtjahr 2009 um 4,8 Prozent fallen, teilte das IWH mit. Bisher war das Institut von einem Rückgang um 1,9 Prozent ausgegangen.

Grund für den Pessimismus: Der Einbruch des Welthandels sei stärker als bislang erwartet ausgefallen. Dies treffe die exportorientierte deutsche Wirtschaft empfindlich und viel stärker als noch zum Jahresende erwartet. Der auf Investitionsgüter ausgerichtete Handel bekomme die ganze Wucht vom weltweiten Abbruch des langjährigen Globalisierungsbooms zu spüren. Zudem hätten sich die konjunkturellen Aussichten für wichtige Handelspartner weiter verschlechtert.

Produzierendes Gewerbe leidet

Ein wenig zuversichtlicher ist der Wirtschaftsweise Franz. Er befürchtet einen Rückgang der Wirtschaftsleistung um drei Prozent. Der Ökonom rechnet auch nicht mit einem raschen Aufschwung. Er führt dies auf die schleppende Nachfrage aus dem Ausland zurück. Für das Jahr 2010 sei höchstens mit einem leichten Wachstum zu rechnen. "Die Bewältigung der Finanzkrise wird sicherlich noch Jahre dauern", wurde der Professor zitiert.

Dennoch halten den Angaben zufolge die meisten Unternehmen an ihren Stammbelegschaften fest, um nicht durch Arbeitsplatzabbau Fachkräfte zu verlieren.

Größter Leidtragender der Krise ist der DIW-Analyse zufolge weiterhin das produzierende Gewerbe. Dort geht die Wertschöpfung im ersten Quartal um 8,5 Prozent zurück, nachdem sie Ende 2008 um 6,8 Prozent geschrumpft war. Der Bausektor rutscht nach Ansicht der Forscher nach einer leichten Erholung wieder stärker ins Minus und schrumpft um drei Prozent. "Die staatlichen Bauprojekte sind zwar mit dem Konjunkturpaket II beschlossen worden, sie können jedoch frühestens im zweiten Halbjahr wirksam werden", hieß es. Stagnation erwarten die Forscher im Handel, bei den Gaststätten, im Bereich Verkehr und im Dienstleistungsgewerbe.

© sueddeutsche.de/dpa/AP/Reuters/tob/mel - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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