Insolventer TV-Gerätehersteller:Apple-Manager soll Loewe wiederbeleben

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Beim TV-Hersteller Loewe in Kronach geht der Bertrieb weiter, doch viele Mitarbeiter müssen um ihre Jobs bangen. (Foto: dpa)

Firma gerettet, Jobs in Gefahr: Eine Investorengruppe steigt beim Fernsehhersteller Loewe ein. Frühere Manager von Apple und Bang & Olufsen sollen der Traditionsmarke neues Leben einhauchen. Doch viele Mitarbeiter müssen gehen.

Von Uwe Ritzer, Kronach

Morgens um sieben war die Welt für Wolfgang Beiergrößlein noch in Ordnung. "Ich bin heilfroh und zufrieden, dass es weitergeht bei Loewe", sagte der Bürgermeister der Kleinstadt Kronach im Frankenwald noch euphorisch. In der Nacht zum Freitag war bekannt geworden, dass eine Investorengruppe den schwer angeschlagenen Fernsehgerätehersteller Loewe rettet.

Doch schon wenige Stunden später war die Erleichterung des Bürgermeisters verflogen. "Wir müssen jetzt alle auch politischen Kräfte bündeln und sehen, was wir tun können", sagte Beiergrößlein nun. Und diesmal klang er besorgt.

So wie ihm geht es vielen, die Anteil nehmen am Schicksal von Loewe, einer der letzten Ikonen der deutschen Unterhaltungselektronik. Sie hat wieder eine Zukunft. Die eigens zu diesem Zweck gegründete Investorengruppe Panthera übernimmt Loewe zum 31. Januar. Dahinter stecken die beiden Münchner Finanzunternehmer Constantin Sepmeier und Stefan Kalmund, sowie ehemalige Manager des Computerkonzerns Apple und des dänischen Loewe-Konkurrenten Bang & Olufsen um den früheren Apple-Europachef Jan Gesmar-Larsen.

Die schlechte Nachricht: Loewe schrumpft weiter. Von 550 Mitarbeitern werden nur 270 übernommen. Vor einem Jahr beschäftigte Loewe noch gut 1000 Menschen. Nach mehreren Entlassungswellen schien der Personalabbau eigentlich gestoppt. Nun erhalten weitere 120 Beschäftigte ihre Kündigungen. Die restlichen 160 Mitarbeiter kommen bei der Loewe Opta GmbH unter, die innerhalb der alten Loewe AG die Fernseher in Kronach fertigte.

Nur: Was soll Loewe Opta künftig produzieren? Und vor allem - für wen? Loewe Opta wird von Panthera nicht mit übernommen. Es bestünde aber "die Möglichkeit, dass der Investor zu einem späteren Zeitpunkt zusätzliche Teile der Produktion in Kronach übernimmt", hieß es vage. Sicher ist also nichts.

Alle Signale weisen weg von Kronach

Und Skepsis ist angebracht, denn alle Signale weisen weg von Kronach. Dorthin waren die Brüder David und Siegmund Loewe 1948 gezogen, nachdem sie ihre Firma 1923 in Berlin gegründet hatten. Nun soll der Unternehmenssitz nach München verlegt werden; Entwicklungszentren soll es in Hannover und Kronach geben, wo auch die Qualitätssicherung bleibt. Anders als in der Vergangenheit wird das Gros der Geräte künftig aber nicht mehr im Frankenwald, sondern in Asien produziert.

Zu diesem Zweck schloss Loewe bereits im Sommer 2013 eine Technologie-Partnerschaft mit Hisense, dem größten chinesischen TV-Gerätehersteller. Diese Zusammenarbeit wollen die neuen Loewe-Eigentümer ausbauen. Ihr Plan: Design und Entwicklung in Deutschland mit neuesten Technologien aus Asien verknüpfen.

Loewe soll als Marke "für eine breitere, jüngere sowie design- und technikaffine Zielgruppe in Europa, Russland und China" positioniert werden. Jan Gesmar-Larsen, der mutmaßlich neue, starke Mann im Hintergrund, sagte der SZ, man wolle "Loewe auf hohem technischen Level schnell und lebendig machen." Ziel sei die benutzerfreundliche Kombination von hochwertigen TV- und Audioprodukten. "Wir glauben an die Qualität von Loewe, an das Design und auch den Standort Deutschland", sagte Gesmar-Larsen, der in der Vergangenheit auch für die Computerfirmen Olivetti, Compaq und Dell gearbeitet hatte. Wie genau die künftige Loewe-Strategie aussehen wird, werde man in den kommenden Monaten darstellen.

Wie viel Panthera für Loewe bezahlt, ist geheim. Im November hatte Loewe-Vorstandschef Matthias Harsch das Übernahmevolumen auf 50 bis 70 Millionen Euro taxiert. Panthera kauft die Markenrechte, Softwareentwicklungen und Lagerbestände. Die Verlierer sind die Aktionäre der Loewe AG. Das Unternehmen wird von der Börse genommen und abgewickelt. Damit sind die Aktien wertlos. Harsch, der vor einem Jahr vom Waagen-Hersteller Bizerba zu Loewe kam, soll die Firma auch künftig führen. Gesmar-Larsen wird Chef des Beirats und damit "eine Art Aufsichtsratsvorsitzender", wie er sagt.

Die neuen Eigentümer werden wohl nicht nur viel Geduld, sondern auch jede Menge Geld aufbringen müssen, um Loewe wieder flott zu machen. Die lange Talfahrt hat das Image ramponiert. Von 2008 bis 2012 sackte der Umsatz von 374 auf 250 Millionen Euro und die Verluste erhöhten sich auf 30 Millionen Euro. 2013 stürzte Loewe noch rasanter ab. Im ersten Halbjahr - neuere Zahlen sind nicht bekannt - brach der Umsatz um 39 Prozent auf 76,5 Millionen Euro ein.

Loewe flüchtete zunächst unter den Gläubigerschutzschirm des Insolvenzrechtes. Später schloss sich ein Insolvenzverfahren in Eigenregie an. In dieser Zeit arbeitete das Management um Harsch an einem Fortführungskonzept und verhandelte bis Mittwoch mit zwei Übernahmeinteressenten. Dann erhielt Panthera den Zuschlag.

Hätten sich die Verhandlungen noch lange hingezogen, wäre Loewe vermutlich bald das Geld ausgegangen. Dass es überhaupt so weit kam, hat mit einem länger schon aus den Fugen geratenen TV-Geräte-Markt zu tun. Vor allem in den westlichen Industrieländern werden immer weniger Fernseher gekauft. Die Überkapazitäten sind enorm, die Preise verfallen. Bei Loewe glaubte man nach Ansicht von Experten zu lange, man könne sich durch besonders hohe technische Qualität und einzigartiges Design dem Preiskampf entziehen. Das ging schief. Die Kunden akzeptierten immer weniger, warum sie für ein Loewe-Modell "Made in Germany" ein Mehrfaches bezahlen sollten, als bei Massenherstellern wie Samsung, LG oder Panasonic.

© SZ vom 18.01.2014/ter - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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