Infineon:Glücklich in Österreich

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Infineon-Werk in Regensburg: Der Standort war auch im Gespräch, jetzt geht das Geld nach Österreich. (Foto: Michael Dalder/Reuters)

Infineon baut für 1,6 Milliarden Euro ein neues Werk in Villach - es ist eine der größten Investitionen überhaupt.

Von Caspar Busse und Peter Münch, München/Wien

Von einem "historischen Investment" sprach Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz. Sein Land werde dadurch "als Hightech-Standort gestärkt". Und: Er sei darüber "als Bundeskanzler überglücklich". Das gibt es ja auch nicht alle Tage - ein deutscher Konzern will in Österreich ein neues Werk bauen. Der Münchner Chip-Hersteller Infineon investiert 1,6 Milliarden Euro in eine neue Fertigungsanlage im österreichischen Villach. Dies gab der Infineon-Vorstandsvorsitzende Reinhard Ploss bekannt - und neben ihm auf der Bühne standen an diesem Freitag in Wien Bundeskanzler Kurz, Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck und Norbert Hofer, Minister für Verkehr, Innovation und Technologie. Ploss bedankte sich bei der Regierung in Wien für "hervorragende Rahmenbedingungen" und hob dabei die Forschungsförderung hervor.

In ganz Österreich beschäftigt Infineon bereits rund 3800 Menschen. In der nun geplanten vollautomatisierten neuen Fabrik für Leistungshalbleiter kommen noch einmal 400 hochqualifizierte Beschäftigte hinzu. "Dies ist ein Beispiel dafür, wie man mit der Digitalisierung Arbeitsplätze schaffen kann", sagte Sabine Herlitschka, Chefin von Infineon Austria. Mit einem Arbeitsplatz bei Infineon würden überdies drei Arbeitsplätze im Umfeld geschaffen.

Wenn die Produktion vollständig hochgefahren ist, kann Infineon mit dem neuen Werk in Villach einen zusätzlichen Umsatz von 1,8 Milliarden Euro erwirtschaften, erklärte Ploss. Das ist viel: Im vergangenen Geschäftsjahr standen im gesamten Konzern sieben Milliarden Euro zu Buche. Schon 2021 soll die Produktion aufgenommen werden. "Fast jeder Tag zählt", sagte er mit Blick auf die sehr hohe weltweite Nachfrage nach Leistungshalbleitern. Das Wachstum werde getragen "durch globale Megatrends wie Klimawandel, demografischer Wandel und die zunehmende Digitalisierung".

Infineon wachse dabei noch deutlich stärker als der Markt insgesamt. "Die Kunden rennen uns zur Zeit die Tür ein für diese Produkte", sagte Ploss. Die Entscheidung für den Standort Villach begründete er damit, dass dort "dieses Werk am schnellsten hochgefahren werden kann". Das sei noch wichtiger gewesen als Steueranreize und sonstige Förderungen. Konkrete Angaben zur Höhe der Subventionen wollte bei der Vorstellung der Pläne niemand machen. "Wir haben uns bemüht, ein gutes Paket zu schnüren", sagte Kanzler Kurz und versprach weitere Anstrengungen seiner Regierung, die in Österreich "eine sehr standortfreundliche Politik machen" wolle.

Auch Regensburg, Dresden und Malaysia waren im Rennen

"Es gibt keine spezifische Infineon-Förderung durch die Republik Österreich", betonte Infineon-Vorstand Jochen Hanebeck, nur die allgemein zugängliche Unterstützung. Und auch Hanebeck fügte an: "Öffentliche Förderung war bei Weitem nicht der entscheidende Faktor." Ausschlaggebend sei gewesen, dass Villach schon ein großer Infineon-Standort sei. Geprüft worden seien auch andere Möglichkeiten, darunter vor allem in Dresden, Regensburg und in Malaysia. An den drei Orten gibt es ebenfalls bestehende Infineon-Werke. Am Ende fiel die Wahl auf Villach. Von hier aus sollen Kunden in aller Welt beliefert werden.

Bei sogenannten Leistungshalbleitern bezeichnet sich Infineon als international führend. Eingesetzt werden diese in fast allen elektronischen Geräten und Anlagen, zum Beispiel auch in der Autoindustrie, in Fahrzeugen mit Elektroantrieben ist der Anteil besonders hoch. Infineon beliefert beispielsweise Tesla, aber auch andere Autobauer. Produziert werden auch Energiesparchips, die effizient den Stromfluss in Autos, Zügen, Windkraft- und Solaranlagen sowie in Handys, Notebooks und Rechenzentren steuern.

Infineon mit heute 37 500 Mitarbeitern war bis zum Jahr 2000 Teil des Siemens-Konzerns, wurde dann ausgegliedert und an die Börse gebracht. Das Dax-Unternehmen, das seit 2000 mehrere Krisen durchlaufen musste, ist einer der ganz wenigen großen verbliebenen Halbleiterproduzenten aus Europa und hat sich zuletzt auf Spezialchips konzentriert. Das Geschäft mit Speicherchips wurde dagegen ganz aufgegeben.

Die Investition sei ein "eindeutiges Bekenntnis zum Hochtechnologie-Standort Europa", teilte Infineon weiter mit. Es ist auch die größte Investition in der Chipbranche in Europa seit Langem. Der Autozulieferer Bosch hatte bereits mit dem Aufbau einer Halbleiterfertigung in Dresden begonnen, investiert werden soll eine knappe Milliarde Euro. Normalerweise werden große Halbleiterwerke aber ohnehin in Asien gebaut, Osram etwa hat im vergangenen November eine Fabrik in Malaysia eröffnet. Nun aber ist Villach an der Reihe.

© SZ vom 19.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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