Immobilienmarkt:Eins zu null im Häuserkampf

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Trübe Aussichten: Der deutsche Wohnungsmarkt ist stark in Bewegung geraten, die Mieter und viele Aktionäre sehen die Übernahmekämpfe skeptisch. (Foto: oh)

Die Nummer zwei sagt die Fusion mit Nummer drei ab. Jetzt kann Nummer eins zuschlagen: Vonovia.

Michael Zahn erlebt als Manager gerade das, was man im Privatleben wohl ein verflixtes siebtes Jahr nennen würde. Seit Dezember 2008 ist er der Chef der Deutschen Wohnen, die während seiner Amtszeit zum zweitgrößten Vermieter Deutschlands herangewachsen ist. Zahn hat den Konzern in die Gewinnzone und in den zweitwichtigsten deutschen Aktienindex, den M-Dax, geführt. Doch nun, im siebten Jahr als Chef, hat der studierte Immobilien-Manager ein Problem: Er kann die Aktionäre nicht von seinen Übernahmeplänen überzeugen. Schon im Frühjahr lehnten zu viele Investoren den Kauf der Immobilienfirma Conwert aus Österreich ab. Jetzt musste Deutsche Wohnen auch die geplante Übernahme des Nordrhein-westfälischen Großvermieters LEG absagen. "Wir sind nicht mehr in der Lage, die nötigen 75 Prozent Zustimmung unserer Aktionäre zu erreichen", gestand Zahn am Donnerstag ein. Es ist eine folgenschwere Rolle rückwärts für den Manager und für den gesamten Wohnungsmarkt in Deutschland.

Mit dem Kauf der LEG, der über 100 000 Wohnungen an Rhein und Ruhr gehören, wollte die Deutsche Wohnen ihren Marktanteil enorm ausbauen. Bislang verwaltet Zahns Konzern gut 140 000 Einheiten, die meisten davon in Berlin. Doch die Aussicht auf eine starke Nummer zwei unter den Großvermietern machte der Nummer eins Angst: dem Marktführer Vonovia, der bis vor kurzem Deutsche Annington hieß und neuerdings im wichtigsten deutschen Börsenbarometer Dax vertreten ist. Vonovia lockte die Aktionäre der Deutschen Wohnen mit einem feindlichen Angebot: Wenn sie die LEG-Übernahme ablehnen, wird Vonovia versuchen, die Deutsche Wohnen zu kaufen, versprach Unternehmenschef Rolf Buch.

Der erste Teil seines Plans ist aufgegangen: Statt zweier großer Immobilienkonzerne könnte nun ein unangefochtener Riese auf dem Wohnungsmarkt entstehen, mit über 500 000 Einheiten in ganz Deutschland. Es wäre die größte Fusion in der Geschichte der deutschen Immobilienwirtschaft.

Deutsche-Wohnen-Chef Zahn will dies mit aller Kraft verhindern. Auch im verflixten siebten Jahr will er an der Spitze einer eigenständigen Firma bleiben. In einer Telefonkonferenz mit Investoren und Journalisten ging er nur kurz auf den gescheiterten LEG-Kauf ein. "In der Rückschau denke ich, dass wir die strategische Logik unseres Übernahme-Angebotes leider nicht gut genug erklärt haben", räumte er ein.

Danach setzte er zum Angriff auf den Marktführer an: "Wir haben den Eindruck, dass Vonovia einen taktischen Zug gemacht hat, um unseren Deal mit LEG zu verhindern." Die Aktionäre der Deutschen Wohnen gingen hohe Risiken ein, wenn sie sich auf das Angebot des großen Konkurrenten einließen, warnte Zahn. Schließlich habe Vonovia schon jetzt hohe Schulden, und zwar zu teureren Konditionen als die Deutsche Wohnen. Aus diesem Grund sei der angebotene Kaufpreis von rund 14 Milliarden Euro zu niedrig, sagte Zahn. Außerdem hatte Marktführer Vonovia vorgerechnet, durch einen Zusammenschluss mit der Nummer zwei jedes Jahr gut 80 Millionen Euro Kosten einsparen zu können. "Diese angenommen Synergien sind völlig unrealistisch", sagte Zahn.

Damit geht der Übernahmekampf nun in die zweite Runde. Vonovia bestätigte, der Vorschlag aus der vergangenen Woche sei "nach wie vor gültig". Die Entscheidung liege abermals bei den Aktionären, die Ende November zu einer Hauptversammlung zusammenkommen sollen.

Der Marktführer kann sich nicht sicher sein, dass auch der zweite Teil seines Plans aufgehen wird. Zwar weiß Vonovia nun, dass mehr als 25 Prozent der Investoren die Rekord-Fusion unterstützen, andernfalls hätte Deutsche Wohnen keinen Rückzieher machen müssen. Das reicht aber nicht. Denn für den großen Deal müsste Vonovia seinerseits eine Dreiviertelmehrheit der Aktionäre hinter sich vereinen. Daran wird der Konzern in den nächsten Wochen arbeiten. Wenn er denn will. Analysten wie Georg Kanders vom Bankhaus Lampe meinen, Vonovia sei es vor allem darum gegangen, den Zusammenschluss von Deutsche Wohnen und LEG zu verhindern.

Mieterverbände warnen vor dem Monopoly: Am Ende könnte Wohnen viel teurer werden

Die Unternehmen wollen immer größer werden, um bei der Verwaltung zu sparen und eine bessere Verhandlungsposition gegenüber Handwerkern und Baufirmen zu erlangen. Mieterverbände warnen, die Großvermieter könnten ihre Marktmacht nutzen, um die Mieten stark zu erhöhen.

Die Konzerne können sich die Fusionen leisten, weil Großinvestoren in Zeiten niedriger Zinsen ihr Geld in Immobilienunternehmen anlegen. In Zahns Amtszeit ist der Börsenwert der Deutsche Wohnen von knapp 150 Millionen auf über acht Milliarden Euro gestiegen. "Eine große, große Story", nannte der Manager das. Nur das Happy End ist fraglich.

© SZ vom 23.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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