Immobilien:Steuern sparen mit neuen Wohnungen

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  • Die Bundesrepublik braucht Hunderttausende zusätzliche Wohnungen.
  • Für neue Mietwohnungen könnte es nun Steuererleichterungen geben.
  • Die Bundesländer sind allerdings dagegen - sie befürchten Steuerausfälle.

Von Cerstin Gammelin und Michael Bauchmüller, Berlin

Die Zahlen allein klingen gigantisch: 400 000 neue Mietwohnungen braucht das Land nach Auffassung von Bauindustrie und Wohnungswirtschaft, davon 140 000 neue Wohnungen in Städten. Die Bundesregierung schätzt den Bedarf etwas moderater ein, sie geht von jährlich 350 000 neuen Wohnungen aus. Dass der Bedarf so hoch ist, liegt nicht nur an den vielen Flüchtlingen - ohnehin ist bezahlbarer Wohnraum knapp. Bloß wie soll der Mangel beseitigt werden?

Die Bundesregierung plant nun, mit einem bewährten Lockmittel die Lücke zu stopfen: Bauherren sollen ihre Steuerlast mit einer Sonderabschreibung für Aufwendungen, vulgo "Sonder-AfA", mildern können. Wer ein Haus baut, soll im ersten und zweiten Jahr zehn Prozent der Ausgaben als Sonderausgaben von der Steuer absetzen können und im dritten Jahr neun Prozent. Bis zu 35 Prozent der Kosten könnten Bauherren damit steuerlich geltend machen. Freilich sind einige Bedingungen zu beachten: Die Bauanträge müssen nach dem 31. Dezember 2015 und vor dem 1. Januar 2019 gestellt sein, der Bau selbst spätestens 2018 begonnen sein.

Weitere Voraussetzungen, so schreibt das Bundesfinanzministerium in einem Brief an die Kollegen aus den anderen Ressorts, seien folgende: Die Mietwohnungen entstehen in Gegenden mit angespanntem Immobilienmarkt, die Mietpreisbremse muss eingehalten werden - und es handelt sich nicht um Luxuswohnungen. Gefördert werden nur Baukosten bis zu 2000 Euro je Quadratmeter. Kostet der Quadratmeter insgesamt mehr als 2200 Euro, gilt die Wohnung bereits als Luxuswohnung, für die es keinen Cent Steuerabzug geben soll. Gefördert werden sollen ausdrücklich nur die Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Gebäuden, nicht der Erwerb von Grundstücken.

Für die Bundesregierung ist die Sache schon geregelt, die zuständigen Ministerien für Finanzen und Bau sind sich in der Sache einig. Schwieriger ist die Lage in den Ländern. Sie haben zwar nichts gegen zusätzliche Wohnungen, wohl aber gegen sinkende Steuereinnahmen. Die aber sind zwangsläufig die Folge von Sonderabschreibungen, schließlich profitieren Länder und Kommunen andererseits von den Steuereinnahmen.

Die Bundesregierung will, dass die mit der Sonderabschreibung verbundenen Steuerausfälle von Bund, Ländern und Kommunen getragen werden. Berechnungen aus dem Bundesfinanzministerium zufolge würden sich die Steuerausfälle ab 2017 über die Jahre aufbauen, wobei die höchsten Ausfälle, jeweils mehr als eine Milliarde Euro, parallel zur Bautätigkeit in den Jahren 2020/2021 absehbar sind. Die Länder sind davon alles andere als begeistert. Sie sähen es am liebsten, wenn Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CD) die kompletten Ausfälle übernehmen würde. Das lehnen Schäubles Haushaltsexperten im Ministerium jedoch ab.

In der Berliner Landesregierung wiederum weisen Experten auf einen Konflikt hin, der sich aus den Steuerausfällen ergeben könnte. "Im Jahr 2020, dem ersten Jahr der vollen Schuldenbremse, wird voraussichtlich der volle Steuerausfall wirksam", heißt es in einem internen Papier des Finanzsenators. Und für Berlin sei diese Bremse schließlich "besonders herausfordernd". Je nach Ausgestaltung könnte es allein Berlin Steuereinnahmen von 400 Millionen Euro kosten - im schlimmsten Fall.

Die Länder fürchten, dass Sonderabschreibungen ihre Steuereinnahmen mindern

An diesem Donnerstag dürfte die Frage auch Gegenstand eines Spitzengesprächs von Bund und Ländern werden. Dann trifft Bundeskanzlerin Angela Merkel die Ministerpräsidenten der Länder, um mit ihnen über weitere Schritte bei der Bewältigung des Flüchtlings-Zuzugs zu beraten. Die Wohnungsnot hat zwar mit der Zuwanderung nur begrenzt zu tun, sie wird schon seit längerem prognostiziert. Aber nun ist die Gelegenheit günstig, um, wie in einigen Bundesministerium vermutet wird, "alle Forderungen auf Flüchtlinge umzuetikettieren".

Um den Streit um die Wohnungsförderung angesichts der vielen übrigen Fragen rund um die Flüchtlingspolitik auszuräumen, trafen sich am Mittwochnachmittag schon mal die Staatssekretäre der zuständigen Bundesministerien mit Kollegen aus den Ländern. Wie vorab bekannt wurde, könnten nun vor allem die Kosten je Quadratmeter zur entscheidenden Stellschraube werden. So läuft ein Vorschlag der Länder Rheinland-Pfalz und Berlin darauf hinaus, nur bis 1800 Euro je Quadratmeter die geplante Abschreibung zu gewähren, um sie dann abzuschmelzen. So ließen sich die gesamten steuerlichen Mindereinnahmen auf geschätzt 3,6 Milliarden Euro begrenzen, bezogen auf den Zeitraum 2017 bis 2030. Vor dem Treffen am Mittwoch war allerdings offen, ob alle Länder den Vorschlag mittragen.

© SZ vom 28.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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