Immobilien-Deal:Tausche Warenhaus gegen Jagdrevier

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Ein Jäger mit seinem Hund im Sonnenuntergang: Eine Eigenjagd gibt es in Deutschland kaum mehr zu erwerben. (Foto: Patrick Pleul/dpa)

Er hätte gerne sein eigenes Jagdrevier, doch für Geld ist das kaum zu bekommen. Deshalb bietet der Chef der Bekleidungshaus-Kette Peek & Cloppenburg dem Ort Kesseling einen ungewöhnlichen Deal an.

Von Susanne Höll

Die Leute tauschen bekanntlich alles Mögliche: Mails, Briefmarken, Wohnungen, Partner und Aktienpakete großer Unternehmen. In Deutschland gibt es Hunderte Tauschringe, die eine Art Börse für Nachbarschaftshilfe organisieren. Im rheinland-pfälzischen Kesseling allerdings, einem idyllischen Örtchen mit rund 600 Einwohnern unweit von Altenahr, erregt ein für hiesige Verhältnisse ungewöhnliches Tauschgeschäft die Gemüter.

Der Unternehmer Harro Uwe von Cloppenburg, der Herr im Haus bei der Bekleidungshauskette Peek & Cloppenburg West, möchte gemeinsam mit Sohn Hendrik unbedingt ein eigenes Jagdrevier bei Kesseling erwerben. Und bietet der Gemeinde dafür nicht etwa Geld, sondern eine Immobilie: ein Geschäftshaus in Bonn in bester Innenstadtlage, vermietet, unter anderem an ein Modegeschäft aus dem Eigentum von P&C. So etwas habe es in Deutschland, womöglich sogar in ganz Europa, noch nie gegeben, sagt Ortsbürgermeister Jürgen Flügge.

Auf den ersten Blick ist die Offerte verlockend. Kesseling trennt sich von 360 Hektar Wald im Schätzwert von 3,75 Millionen Euro und bekommt das Gebäude in Bonn für 4,6 Millionen Euro. Statt der 40 000 Euro, die jährlich aus Holzverkauf und Jagdpacht in die Gemeindekasse fließen, könnte Kesseling gut 200 000 Euro Miete für die Immobilie kassieren. Ein guter, wenngleich skurriler Deal?

Es kursieren Befürchtungen und Spekulationen

Weiß er noch nicht, sagt der ehrenamtliche Bürgermeister Flügge von der CDU, dem die Offerte Cloppenburgs und die zwischenzeitliche Geheimniskrämerei um das Geschäft viel Ärger bereitet haben. Nichts sei entschieden, auch er habe sich noch nicht festgelegt, alle Aspekte einer solchen Transaktion müssten ganz genau geprüft werden. Flügge verspricht, das Ergebnis in einer Bürgerversammlung zu präsentieren. Ein weiser Entschluss, schließlich kursieren allerlei Befürchtungen und Spekulationen, "Krakeelerei und dummes Zeug", wie Flügge sagt.

Die Krakeelerei ist nicht verwunderlich, denn kaum ein Mensch kann sich die Offerte bislang erklären. Flügge will sich öffentlich zu den Motiven des Unternehmers nicht äußern, dieser selbst, respektive die Pressestelle seines Unternehmens, auch nicht. Cloppenburg ist bislang Pächter einer Jagd bei Kesseling, dort bekannt und offenbar auch geschätzt.

Als Pächter können er und sein Sohn aber nicht so schalten und walten, wie sie vielleicht wollen. Das geht nur in einer sogenannten Eigenjagd, wobei der Besitzer auch dann seinen Wald nicht für die Öffentlichkeit absperren darf. Eine Eigenjagd muss mindestens 75 Hektar groß sein. Im deutschen Westen gibt es solch große Flächen am Stück kaum mehr zu erwerben, auch nicht für sehr viel Geld.

Zum einen verkaufen Waldbesitzer wegen steigender Holzpreise inzwischen nur ungern ihren Grund, zum anderen haben die Deutschen eine starke emotionale Beziehung zu ihren Forsten. Kein Wunder, dass Kritiker des Tauschgeschäfts meinen, man solle die Finger von der Sache lassen. Thomas Boschen, Chef des Ökologischen Jagdvereins in Rheinland-Pfalz, sagt, das sei Bürgerwald, und der gehöre nicht in private Hände. Gut möglich, dass die Einwohner von Kesseling über den Deal befinden dürfen - in einem Bürgerentscheid.

© SZ vom 07.07.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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