Hartz-IV-Bezieher:Kühlschrank auf Pump

Jobcenter vergeben mehr Kredite an Leistungsempfänger. Die zinslosen Darlehen werden monatlich getilgt, in Raten zu zehn Prozent. Das verschärft die Situation der Betroffenen zusätzlich, kritisieren Vertreter der Linken.

Für einen Kühlschrank, eine Waschmaschine oder Kleidung: Viele Hartz-IV-Bezieher müssen zusätzlich zu den regulären Leistungen ein Darlehen von den Jobcentern aufnehmen, um dringende Anschaffungen finanzieren zu können. Im vergangenen Jahr gewährte die Bundesagentur für Arbeit jeden Monat im Durchschnitt 15 289 Hartz-IV-Beziehern einen Kredit oder einen Zuschuss für sogenannten "unabweisbaren Bedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts", wie am Sonntag aus Zahlen der Bundesagentur für Arbeit hervorging. 2007 lag die Zahl der Betroffenen noch bei 11 521 monatlich.

Das zinslose Darlehen wird für absolut notwendige Anschaffungen gewährt, die die Betroffenen nachweislich nicht aus eigener Kraft bezahlen können. Für die Tilgung werden monatlich zehn Prozent von der Hartz-IV-Regelleistung abgezogen. 2017 lag der durchschnittliche Zahlungsanspruch für solche Darlehen oder Zuschüsse bei 434 Euro pro Leistungsberechtigtem. 2007 waren es noch 233 Euro. Die Zahlen gehen aus einer Auflistung der Bundesagentur für Arbeit hervor, die von der Arbeitsmarktexperten der Linken-Bundestagsfraktion, Sabine Zimmermann, angefordert wurden und der Nachrichtenagentur AFP vorliegen.

Zimmermann erklärte, die Gewährung der Darlehen beweise, "dass die Regelleistung prinzipiell viel zu niedrig angesetzt ist". Bei den Anschaffungen gehe es schließlich nicht um Luxusgüter, sondern um die wichtigsten Dinge zum Überleben. Die monatliche Tilgung verschärfe die prekäre Situation der Betroffenen zusätzlich, kritisierte Zimmermann. "Hartz IV ist und bleibt Armut per Gesetz." Die Linken-Politikerin forderte, die Hartz-IV-Leistungen künftig so auszugestalten, dass unabdingbare Anschaffungen von den Bedürftigen auch bezahlt werden könnten, ohne sich dafür verschulden zu müssen. "Dies ist auch eine Frage der Würde und des Anstands", sagte die stellvertretende Vorsitzende der Linksfraktion.

© SZ vom 22.05.2017 / AFP - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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