Großflugzeuge:Riesendrache aus Fernost

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China gründet einen Flugzeughersteller zum Bau von Riesenjumbos - harte Konkurrenz für Airbus. Die EADS-Tochter schlägt sich derweil mit Kabelproblemen beim A380 herum und kündigt erneut Lieferverzögerungen an.

Der europäische Flugzeugbauer Airbus hat sein Großraumflugzeug A380 immer noch nicht im Griff. Wie Airbus am Dienstag einräumte, dauert das Hochfahren der Serienproduktion länger und braucht mehr Ressourcen als erwartet. Deshalb könnten in diesem Jahr nur 12 statt 13 Flugzeuge ausgeliefert werden und im nächsten Jahr 21 statt 25.

Die eigenen Riesenjumbos sind schon in Planung: Ein chinesischer Paramilitär bewacht einen Airbus "A380" auf dem Pekinger Flughafen. (Foto: Foto: AP)

Auch für das Jahr 2010 sei mit weniger Auslieferungen des größten Passagierfliegers A380 zu rechnen. Voraussichtlich würden 30 bis 40 Flugzeuge des Typs ausgeliefert. Zuvor hatte das Unternehmen noch mit 45 Auslieferungen gerechnet.

Die finanziellen Folgen der erneuten Verzögerungen hingen von Gesprächen mit den betroffenen Kunden ab und von einer genauen Analyse der Auswirkungen auf den Auslieferungsplan ab 2010, hieß es. Sie ließen sich deshalb noch nicht beziffern.

Airbus: Komplexität des Flugzeugs unterschätzt

Vor einer Woche hatte Airbus-Chef Tom Enders eingeräumt, die Komplexität des Flugzeugs unterschätzt zu haben. In einem Brief an die Kunden hatte er vor weiteren Verzögerungen bei der Auslieferung kommen könnte.

Das größte Problem ist nach wie vor die Verkabelung, 500 Kilometer Kabel müssen in jedem A380 verlegt werden. Und weil die Maschinen für jeden Kunden anders ausgestattet sind, muss die automatische Installation jedes Mal aufs Neue programmiert werden, erklärte ein Airbus-Sprecher.

Wegen Problemen mit der Software und der umfangreichen Verkabelung hatte Airbus die Auslieferung des A380 bereits mehrfach verschoben. Der erste wurde mit fast zweijähriger Verspätung erst im Oktober 2007 an Singapore Airlines ausgeliefert. Inzwischen wurden vier der doppelstöckigen Maschinen an Kunden übergeben.

Die Kabel der ersten 25 Flugzeuge - der "ersten Welle" - wurden mühsam per Hand eingebaut. Ab der Nummer 26 soll das in der zweiten Welle automatisch gehen.

Derzeit sind nach Angaben von Airbus 17 A380-Flugzeuge in verschiedenen Produktionsstadien, die meisten davon bei der Verkabelung und bei Systemtests. Die meisten Flugzeuge, die 2008 an die Kunden gehen sollen, seien bereits geflogen.

Konkurrenz aus Fernost

Auf lange Sicht droht jedoch harte Konkurrenz aus Fernost: China hat einen Flugzeughersteller zum Bau von großen Verkehrsmaschinen gegründet, um Airbus und Boeing zumindest in weiter Zukunft Konkurrenz machen zu können.

Die chinesische Regierung ist mit 32 Prozent der größte Anteilseigner an der Commercial Aircraft Corporation of China (CACC). Das Unternehmen mit Sitz in Schanghai wurde mit einem Kapital von 19 Milliarden Yuan (circa 1,8 Milliarden Euro) ausgestattet.

Die neue Gesellschaft soll große Verkehrsflugzeuge mit einem Startgewicht von mehr als 100 Tonnen und Passagierflugzeuge mit mehr als 150 Sitzplätzen bauen.

Der Präsident des neuen Flugzeugbauers, Jin Zhuanglong, spielte die chinesischen Ambitionen herunter. Das chinesische "Jumbo-Jet-Programm", wie es offiziell genannt wird, werde zumindest in den nächsten 20 Jahren noch keine Bedrohung für Boeing und Airbus darstellen, zitierte ihn am Montag die Tageszeitung China Daily.

Selbst wenn China eines Tages große Flugzeuge herstellen könne, würden der US-Hersteller Boeing und der europäische Flugzeugbauer Airbus den Großteil des chinesischen Marktes dominieren.

Schanghai finanziert den Flugzeugbauer

Das Ziel, ein großes Flugzeug zu bauen, war bereits im Februar 2007 von einem Exekutivkomitee des Staatsrats unter Vorsitz von Regierungschefs Wen Jiabao gebilligt worden. Die Führung des neuen Flugzeugbau-Unternehmens übernimmt der Minister der Wissenschafts- und Technologiekommission Zhang Qingwei.

An der Finanzierung sind noch maßgeblich die Stadt Schanghai mit 26 Prozent Anteilen sowie die beiden schon bestehenden Flugzeugbauer Chinas, China Aviation Industry Corporation AVIC I sowie der kleinere AVIC II, mit jeweils einer Milliarde Yuan beteiligt.

Zur Dauer der Entwicklung eigener chinesischer Großflugzeuge wurden keine Angaben gemacht. In staatlichen Medien hieß es jedoch zuvor, dass China wohl wenigstens zehn bis 20 Jahre dazu benötige. China ist heute nach den USA schon der zweitgrößte Luftverkehrsmarkt und zählt zu den größten Wachstumsmärkten der Welt.

Derzeit entsteht in der nordchinesischen Stadt Tianjin mit chinesischen Partnern ein Airbus-Endmontagewerk für die weltweit bestverkaufte Airbus A320-Flugzeugfamilie. Das Werk gleicht der hochmodernen Endmontagelinie für Flugzeuge mit nur einem Mittelgang in Hamburg. Im August soll in Tianjin mit der Produktion begonnen werden. Die Auslieferungen sollen im ersten Halbjahr 2009 beginnen.

Erst im Dezember hatten die Chinesen in Schanghai ihr erstes komplett selbstentwickeltes Verkehrsflugzeug vorgestellt. Dabei handelt es sich um das Regionalflugzeug Xiang Feng (Fliegender Phönix) vom Typ ARJ21-700 mit 90 Sitzen. Der geplante Jungfernflug verzögerte sich aber um mindestens ein halbes Jahr auf Ende des Jahres. Die Massenproduktion ist für das Jahr 2009 vorgesehen. Bereits vorliegende Bestellungen stammen fast ausschließlich von nationalen Gesellschaften.

Verzögerungen kosten Airbus Milliarden

Der europäische Flugzeughersteller kämpft derweil mit Problemen: Die Verzögerungen beim A380 haben Airbus und seine Muttergesellschaft EADS bereits Milliarden gekostet und ein Sparprogramm zur Folge.

Auch dabei musste Airbus Rückschläge einstecken. Die geplanten Werksverkäufe an Zulieferer zur Abwälzung von Kosten scheiterten in Deutschland und in Frankreich.

Der Markt reagierte gelassen auf die erneuten Verzögerungen. Die EADS-Aktie gab in Frankfurt um ein Prozent auf 15,59 Euro und in Paris, dem Haupthandelsplatz des Papiers, um 0,8 Prozent auf 15,62 Euro nach. EADS will am Mittwoch Zahlen zum ersten Quartal veröffentlichen.

© sueddeutsche.de/Reuters/dpa-AFX/dpa/jkr/mel - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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