Großbritannien:London vor hartem Brexit

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Premierministerin Theresa May plant offenbar einen Austritt aus dem europäischen Binnenmarkt und der Zollunion.

Wenige Tage vor einer Grundsatzrede der britischen Premierministerin Theresa May zum Brexit mehren sich Anzeichen, dass die britische Regierung auf Konfrontationskurs zur EU gehen wird. Medien in Großbritannien spekulierten, May werde sich in ihrer Rede am Dienstag bei der Frage der Einwanderung von EU-Bürgern unnachgiebig zeigen. Eher werde sie Großbritannien aus dem europäischen Binnenmarkt und der Zollunion führen, berichtete der Telegraph in seiner Sonntagsausgabe. May werde für einen "sauberen" Schnitt mit der EU werben. Andere Blätter berichteten ähnlich. Ein Regierungssprecher bezeichnete die Berichte als "Spekulationen".

Die Briten hatten sich im Juni des vergangenen Jahres in einem Referendum für das Ausscheiden aus der EU ausgesprochen. Bis Ende März will Premierministerin May die Austrittserklärung des Landes nach Brüssel schicken. Erst dann können die Austrittsverhandlungen beginnen.

Auch der britische Finanzminister Philip Hammond machte Andeutungen, dass die Regierung auf Konfrontationskurs zur EU gehen könnte. In einem Interview der Welt am Sonntag deutete er an, Großbritannien könne Drohungen wahrmachen, den Körperschaftssteuersatz deutlich zu senken. Entsprechende Äußerungen Mays hatten zuletzt zu Unbehagen bei den anderen 27 EU-Mitgliedern geführt.

Der Chef der oppositionellen britischen Labour-Partei, Jeremy Corbyn, warnte indes vor einem Handelskrieg mit der Europäischen Union. Die Äußerungen Hammonds seien ein "Rezept für eine Art Handelskrieg mit Europa in der Zukunft", sagte Corbyn am Sonntag.

Ein Ausscheiden aus dem Binnenmarkt gilt als Voraussetzung, um die unkontrollierte Einwanderung von EU-Bürgern in das Land zu stoppen. Das war eines der zentralen Versprechen der Brexit-Befürworter vor dem Referendum. Die Zollunion muss Großbritannien verlassen, wenn es in der Lage sein will, bilaterale Freihandelsabkommen mit Drittstaaten wie Australien oder den USA abzuschließen. Das ist eines der erklärten Ziele der Regierung.

Bislang hatte es May vermieden, ein Ausscheiden des Landes aus dem Binnenmarkt in Erwägung zu ziehen. Große Teile der Wirtschaft befürchten dramatische Folgen, sollte Großbritannien seine Mitgliedschaft im Binnenmarkt aufgeben. Eine Gruppe von Abgeordneten hatte May dazu aufgerufen, "Position zur Mitgliedschaft im europäischen Binnenmarkt und in der Zollunion" zu beziehen. Bis Mitte Februar forderten die Abgeordneten einen detaillierten Brexit-Plan von der Regierung.

Die Regierung lehnt das ab. Sie werde dem Parlament erst Ende März einen Plan vorlegen, teilte das Brexit-Ministerium mit. Ob sich die Abgeordneten damit und mit Mays Rede zufrieden geben werden, ist ungewiss.

© SZ vom 16.01.2017 / sz - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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