Griechenland:Athen vor dem Ausstieg

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Nach drei Multi-Milliarden-Programmen soll es Griechenland wieder alleine schaffen. In dieser Woche wird eine Einigung über Schuldenerleichterungen erwartet. Doch welche Rolle soll in Zukunft der Internationale Währungsfonds (IWF) spielen?

Von Alexander Mühlauer, Brüssel

Wenn es um Griechenland geht, weiß man nie, wie es ausgeht; aber so viel Entschlossenheit gab es schon lange nicht mehr. Bevor das nunmehr dritte Kreditprogramm am 20. August endet, wollen die Euro-Finanzminister in dieser Woche unbedingt eine Einigung erzielen, damit Athen ein glaubwürdiger Ausstieg gelingen kann. Nach acht Jahren Dauerkrise und drei Multi-Milliarden-Paketen soll es das hochverschuldete Land wieder alleine schaffen. "Wir brauchen einen Deal, der glaubwürdig ist für die griechischen Bürger, die europäischen Steuerzahler, für die Investoren und die Finanzmärkte", sagt EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici vor der entscheidenden Sitzung am Donnerstag in Luxemburg.

Die Vorzeichen stehen nicht schlecht. Die Regierung in Athen ist dabei, ihren Teil beizutragen und die mehr als 80 vereinbarten Reformen umzusetzen. Im Gegenzug wollen die Euro-Staaten darüber entscheiden, wie sie Griechenland entgegenkommen. Im Kern geht es um die Frage von Schuldenerleichterungen. So sollen die Laufzeiten bereits vergebener Kredite verlängert werden. Im Gespräch ist ein Zeitraum von null bis 15 Jahren, wobei sich Deutschland eher am unteren Ende der Verhandlungsskala befindet. Die Unterhändler aus Berlin haben den anderen allerdings zu verstehen gegeben, dass sie zu Zugeständnissen bereit seien. In Brüssel geht man davon aus, dass man am Ende in der Mitte landen könnte, also bei etwa sieben oder acht Jahren.

Es gibt auch einen Mechanismus, mit dem sich die Streckung der Kreditlaufzeiten verringert lässt. Griechenland soll nämlich einen sogenannten Cash-Puffer erhalten. Die EU-Kommission hatte dafür elf Milliarden Euro vorgeschlagen, die um etwa fünf Milliarden aufgestockt werden könnten. Damit ließe sich die Laufzeit-Verlängerung um zwei Jahre reduzieren. Athen soll finanziell so ausgestattet werden, dass das Geldpolster mindestens bis zum Jahr 2022 ausreicht, um alle Kreditraten an die Euro-Staaten und den Internationalen Währungsfonds (IWF) bedienen zu können.

Auch nach dem Sommer soll das krisengeplagte Land weiter überwacht werden

Im Grunde wäre es relativ einfach, aus dem noch laufenden Kreditprogramm mehr Geld auszuzahlen als bisher geplant. Von dem bis zu 86 Milliarden Euro umfassenden Topf hat Griechenland bislang 46,9 Milliarden Euro erhalten. Eine weitere Option in Sachen Schuldenerleichterungen wäre es, dass die Europäer die an Griechenland vergebenen IWF-Kredite zurückkaufen. Für diese muss Athen nämlich höhere Zinsen zahlen als für die von den Euro-Staaten vergebenen Darlehen. Frankreich dringt zudem auf einen Mechanismus, der Schuldenerleichterungen automatisch an das künftige Wirtschaftswachstum des Landes koppelt. Einen solchen lehnt die Bundesregierung aber genauso ab wie den Rückkauf von IWF-Krediten.

Der Währungsfonds wird sich wohl nicht mehr finanziell am laufenden Programm beteiligen. Ganz wollen die Euro-Staaten aber nicht auf den IWF verzichten. Geht es nach den Europäern, soll der Fonds einen Bericht verfassen, der ihnen glaubwürdige Schuldenerleichterungen attestiert. Gespannt warten die Europäer, wie IWF-Chefin Christine Lagarde diesem Ansinnen entsprechen wird, hat sie doch bis zuletzt sehr viel umfassendere Schuldenerleichterungen als die Euro-Staaten gefordert. Lagarde will beim Treffen am Donnerstag teilnehmen. Dann soll auch besprochen werden, welche Rolle der IWF künftig in Griechenland spielen soll.

Einigkeit besteht jedenfalls darüber, dass Athen in Zukunft weitaus stärker überwacht werden soll als andere ehemalige Programmländer wie Irland oder Portugal. So dringt die Mehrheit der Euro-Staaten darauf, dass vereinbarte Reformen nicht einfach wieder rückabgewickelt werden dürfen.

Es soll deshalb eine Vereinbarung mit der griechischen Regierung geben, in der sie sich dazu bekennt. "Diese Verpflichtung sollte Schlüsselreformen im Rahmen des ESM-Programms in Bereichen wie (...) Strukturpolitik, Finanzstabilität, Arbeits- und Produktmarkt-Reformen sowie Modernisierung der öffentlichen Verwaltung umfassen", heißt es in den Verhandlungsunterlagen. Trotz dieser umfassenden Anforderungen solle aber "der Eindruck vermieden werden, dass damit de facto ein neues Programm entworfen wird". Genau das aber befürchtet die griechische Regierung.

© SZ vom 19.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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