Goldman-Sachs-Interna bei Twitter:"Meine Krawattensammlung ist mehr wert als dein Auto"

Lesezeit: 2 min

Die US-Bank Goldman Sachs möchte ihr Image aufbessern. Da kommt es sehr ungelegen, dass ein anonymer Banker in angeberischen Tweets verbreitet, was die Angestellten angeblich wirklich denken.

Von Kathrin Werner, New York

Es geht um Sex, Geld und Macht. Vor allem ist es eine riesige Sammlung von maßlosen Angebereien auf 140 Zeichen. Sie klingen so: "Meine Krawattensammlung ist mehr wert als dein Auto", oder "Nur Neandertaler greifen auf Gewalt zurück. Ich ziehe es vor, des anderen Seele, Hoffnung oder Ego zu zerstören", oder "Meine erste Frau war gegen Abtreibung - bis meine Freundin schwanger war".

Plattform X

Die SZ-Redaktion hat diesen Artikel mit einem Inhalt von X Corp. angereichert

Um Ihre Daten zu schützen, wurde er nicht ohne Ihre Zustimmung geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir Inhalte von X Corp. angezeigt werden. Damit werden personenbezogene Daten an den Betreiber des Portals zur Nutzungsanalyse übermittelt. Mehr Informationen und eine Widerrufsmöglichkeit finden Sie untersz.de/datenschutz.

So reden angeblich die Investmentbanker von Goldman Sachs, wenn sie unter sich sind. Zum Beispiel wenn sie Fahrstuhl fahren. Seit es den Twitter-Kanal @GSElevator gibt, ist die Anonymität vorbei. Unter dem Namen, der für den Goldman-Sachs-Fahrstuhl steht, twittert ein Banker, der seine Identität nicht preisgibt, aber sagt, irgendwo an der Wall Street zu arbeiten. All die Zitate will er selbst gehört haben oder von Goldman-Sachs-Bankern zugeschickt bekommen haben.

Es ist ein spektakulärer Erfolg, vor allem weil die Tweets nicht nur abstoßend, sondern auf eine sehr politisch inkorrekte Art auch witzig sind. @GSElevator folgen 612 000 Menschen, dem offiziellen Account von Goldman Sachs nur 126 000. Hier präsentiert sich die Bank als politisch korrekt, ein Ort, an dem Mann und Frau, schwarz und weiß, dick und dünn freundlich nebeneinander arbeiten. Bei @GSElevator klingt das so: "Immer wenn irgendwer von 'der ersten Frau' oder von 'dem ersten Latino' redet, bedeutet das nur, dass ein weißer Typ es schon vorher geschafft hat".

Blankfein ist wenig begeistert

Wer alle Vorurteile über Banker an der Wall Street bestätigt wissen möchte, bekommt jetzt zu dem Twitter-Account noch das Geläster in Buchform. Der anonyme Autor schreibt über Macho-Kultur, Geldgeilheit und die Maßlosigkeiten der Investmentbanker. Es soll "Straight to Hell: True Tales of Deviance and Excess in the World of Investment Banking" heißen, also "Direkt in die Hölle: Wahre Geschichten von Fehlverhalten und Exzess in der Welt des Investmentbankings". Der Verlag Simon & Schuster kenne den wahren Namen des Autors, werde ihn aber nicht verraten, heißt es.

Das Twitter-Profil von @GSElevator ziert ein verschlagen blickendes Porträt von Lloyd Blankfein, dem Chef der berühmt-berüchtigten Investmentbank. Man kann davon ausgehen, dass Blankfein sehr gern wüsste, wer da das Geschwätz aus seinem Firmenfahrstuhl an die Öffentlichkeit bringt. Und dass es dem Mann oder der Frau hinter den Tweets nicht sehr gut ergehen würde, wenn Blankfein ihn oder sie jemals findet. "Da er ja weiter schreibt, können Sie ziemlich sicher davon ausgehen, dass ich nicht weiß, wer es ist", sagt der Goldman-Sachs-Chef.

Nach Finanzkrise und Occupy-Bewegung arbeiten die Investmentbanken eigentlich gerade an der Neuerfindung ihres Images. Nach einem Artikel im Magazin Rolling Stone hat sich für Goldman Sachs der Spitzname "blutsaugende Krake" eingebürgert, den die Bank gerne loswerden würde. Seither betont sie ihren Frauenanteil und kürzt die Boni. Weitere Geschichten über Ego, Gier und Machismo dürften die PR-Berater der Wall Street da nicht sonderlich erfreuen.

Am Wall-Street-typischen Selbstvertrauen fehlt es übrigens auch dem anonymen Autor nicht. Es gebe eine "Flutwelle von Faszination, moralischer Empörung und anti-Wall Street Gefühlen in Amerika und um die Welt", meint er. Und er sei "bestens aufgestellt, auf dieser Welle an die Spitze der Bestseller-Listen zu reiten".

© SZ vom 31.01.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: