Geläuterte Steueroase:Liechtenstein will ohne Schwarzgeld leben

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Die Zumwinkel-Affäre weitet sich für Liechtenstein mittlerweile zu einer Krise aus. Die Banken planen daher, Steuerflüchtlinge künftig abzuweisen.

G. Zitzelsberger

Die Banken der Steueroase Liechtenstein wollen künftig offenbar nicht mehr gezielt auf das Geld von Steuerflüchtlingen setzen.

Für US-Staatsbürger gilt das früher strikte Bank- und Stiftungsgeheimnis Liechtensteins nicht mehr. (Foto: Foto: dpa)

Nachdem die größte Bank in der Hauptstadt Vaduz, die fürsteneigene LGT Group, am Montag eine "Neuausrichtung" ihrer Geschäftsgrundsätze bekanntgegeben hat, scheinen die übrigen 14 Banken dem Schwenk zu folgen.

Der Liechtensteinische Bankenverband arbeitet derzeit einen entsprechenden Verhaltenskodex für die Branche aus. Er wird zwar keine Gesetzeskraft haben, aber bei Verstößen drohen den Banken hohe Konventionalstrafen oder gar ein Ausschluss aus dem Verband. Dies würde den Ruf des betreffende Geldhauses schwer schädigen.

Bestehende Geschäftsbeziehungen brechen weg

Die bankenunabhängigen Treuhänder dagegen, die mit 2000 Beschäftigten und früher hohen Gewinnen eine Säule des Finanzplatzes bilden, spielen auf Zeit. Hintergrund des Schwenks ist, dass sich die so genannte Zumwinkel-Affäre für die Steueroase mittlerweile zu einer Krise ausweitet.

Noch im Spätsommer hatte man in Liechtenstein zwar eingeräumt, dass das Neugeschäft "ruhiger geworden" sei - sprich zusammengebrochen ist. Aber der Geschäftsbestand habe sich nicht verringert, sagte damals die Liechtensteiner Finanzmarktaufsicht.

Nach neuen Daten brechen jedoch auch bestehende Geschäftsbeziehungen weg. So hat sich die Zahl der sogenannten Hinterlegten Stiftungen - sie sind das offizielle Gewand für einen großen Teil des Fluchtgeldes - von Jahresbeginn bis Mitte September um zwei Prozent auf 45.800 verringert.

Tatsächlich schrumpft die Zahl der Privatstiftungen seit Beginn der Affäre Mitte Februar noch stärker als es in dieser Zahl zum Ausdruck kommt, denn in den Wochen von Jahresanfang bis zum Beginn der Affäre herrschte in der Steueroase ein Boom wie selten zuvor.

Hinweise auf massenhafte Steuerhinterziehung

Mitte Februar war vor laufenden Fernsehkameras die Staatsanwaltschaft beim damaligen Postchef Klaus Zumwinkel zur Hausdurchsuchung angerückt.

Die Behörde hatte nach einem Datendiebstahl bei der LGT und nach dem Ankauf dieser Daten durch den Bundesnachrichtendienst Hinweise auf massenhafte Steuerhinterziehungen erhalten. Etliche Wochen später kamen deutsche Behörden zudem in den Besitz von Daten, die bei der Liechtensteinischen Landesbank gestohlen worden waren.

Inzwischen gehen allein deutsche Staatsanwaltschaften etwa 1800 Fällen von Verdacht der Steuerflucht via Liechtenstein nach. Ähnliche Ermittlungen laufen in den USA und anderen Ländern.

Um den Schaden zu begrenzen, hatte die Regierung Liechtensteins im Oktober eilends ein Informationsabkommen mit Washington paraphiert.

Im Ergebnis existiert für US-Staatsbürger das früher strikte Bank- und Stiftungsgeheimnis des Kleinstaats nicht mehr. Die Masse der Steuerflüchtige kommt jedoch aus europäischen Nachbarländern.

Status einer legalen Steueroase angestrebt

Auch gegenüber diesen Staaten ist Vaduz mittlerweile bereit, Bank- oder Treuhändergeheimnisse auszuhöhlen. Im Gegenzug fordert Liechtenstein allerdings den Abschluss von Doppelbesteuerungsabkommen. Durch sie will sich das Fürstentum in eine legale Steueroase mit sehr niedrigen Gewinnsteuern nach dem Vorbild Irlands und etlichen Schweizer Kantonen wandeln.

Bislang zeigt aber speziell Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) keine Bereitschaft zu einem Doppelbesteuerungsabkommen.

In ihrem neuen Verhaltenskodex wollen die Banken in verklausulierter Form der systematischen Beihilfe zu Steuerhinterziehung und Steuerbetrug abschwören.

Es soll nur noch Geld angenommen werden, das der Anleger gegenüber dem Heimat-Finanzamt deklariert hat, wie es in Branchenkreisen heißt. Der Bankenverband selbst bestätigte am Dienstag lediglich, dass der Kodex bis spätestens März 2009 in Kraft treten soll.

Die bankenunabhängigen Treuhänder kritisieren dagegen den "Anpassungskurs" der Regierung und zögern mit einem ähnlichen Kodex. "Ich habe keine Ahnung, was unsere Mitglieder machen werden", sagte die Geschäftsführerin der Treuhänder-Vereinigung, Beatrice Noll Schurti. Auch sie räumte ein, dass die gegenwärtig Unsicherheit über die Regeln schlecht für das Geschäft sei.

© SZ vom 12.11.2008/pak - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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