Fusion von Random House und Penguin:Bertelsmann plant Superverlag

Die Menschen kaufen immer weniger gedruckte Bücher. Bertelsmann will auf das Zeitalter des elektronischen Lesens vorbereitet sein - und um jeden Preis wachsen. Die komplette Übernahme von Gruner + Jahr ist gerade gescheitert. Jetzt möchte Konzernchef Rabe den Buchverleger Random House mit Penguin zusammenführen. Für ihn steht einiges auf dem Spiel.

Caspar Busse, München

Bertelsmann

Mit dem Buchklub Lesering - hier ein Foto von 1953 - begann einst der Aufstieg von Bertelsmann. Nun plant der Konzern einen Milliardendeal.

(Foto: Bertelsmann AG)

Thomas Rabe, 47, weilte an diesem Freitag im fernen Peking. Mehr als hundert Bertelsmann-Manager hatte der ehrgeizige Vorstandsvorsitzende für die erste interne "China Conference" zusammengetrommelt. Diskutiert wurde, wie Bertelsmann, einer der größten Medienkonzerne der Welt, die Geschäfte dort ausbauen könnte, derzeit kommen gut 80 Prozent des Umsatzes aus Europa.

"China als bald größte Volkswirtschaft der Erde ist für uns ein hoch attraktiver Markt", sagte Rabe und fügte an: "Die Rahmenbedingungen für ausländische Investitionen haben sich in jüngster Zeit verbessert." Der Bertelsmann-Chef kündigte weitere Investitionen in China an, vor allem in den Bereichen digitale Medien und Bildung.

Ein größeres und durchaus spektakuläres Geschäft hecken Rabe und seine Leute aber derzeit in Europa und den USA aus: Sie wollen den mit Abstand größten Buchverlag der Welt schaffen, um letztlich so auf das Zeitalter der elektronischen Bücher vorbereitet zu sein. Der amerikanische Verlag Random House, zu 100 Prozent in Besitz von Bertelsmann, soll mit Penguin zusammengehen. Der Traditionsverlag aus London gehört zum britischen Medienhaus Pearson, das unter anderem die Financial Times herausgibt. Das rosafarbene Wirtschaftsblatt aus London hatte am Freitag über die Fusionsabsichten berichtet, Penguin bestätigte daraufhin, dass Verhandlungen laufen. Derzeit sei aber noch nichts entschieden und auch nicht sicher, dass man sich tatsächlich einigen werde, heißt es.

Offenbar sind die Gespräche aber bereits auf der Zielgraden. Eine endgültige Entscheidung könnte in den kommenden zwei oder drei Wochen fallen, ist aus Verhandlungskreisen zu hören. Am Ende sollen die Gütersloher an dem neuen Superverlag die Mehrheit halten und damit auch das Sagen haben. Pearson wird voraussichtlich einen Anteil von deutlich unter 50 Prozent erhalten. Die Chefs von Random House und Penguin, der Deutsche Markus Dohle und sein Kollege John Makinson, sollten in dem neuen Konzern führende Positionen übernehmen, heißt es.

Gestritten wird derzeit noch über mögliche Ausstiegsrechte für die Briten. Bertelsmann will sich wohl für diesen Fall ein Vorkaufsrecht sichern. Offen ist, zu welchem Preis und wie das finanziert werden könnte. Unklar ist auch, was die Kartellbehörden zu dem Deal sagen werden. Gemeinsam würden Random House und Penguin die Verlagsbranche in jedem Fall klar dominieren.

Wachstum - dies ist das große Thema von Bertelsmann. Der Finanzexperte Rabe, erst seit Jahresanfang an der Bertelsmann-Spitze, will den Umsatz nach den Jahren der Stagnation unter seinem Vorgänger Hartmut Ostrowski nun wieder steigern. Doch teure größere Zukäufe sind nicht möglich, da Bertelsmann nach wie vor zu hundert Prozent in Besitz der Familie Mohn ist, an der Börse damit kein Kapital eingesammelt werden kann. Rabe änderte die Rechtsform des Konzerns zwar zuletzt in eine Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA). Er hoffte, möglicherweise so einen Börsengang zu realisieren, ohne dass die Familie Mohn an Einfluss verliert, das Projekt stockt aber. Das Zusammengehen von Random House und Penguin erfordert jedoch vorerst kein neues Kapital.

Die "Big Six" dominieren die Branche

Für Rabe steht einiges auf dem Spiel. Zuletzt ist er bereits mit einem wichtigen Vorhaben gescheitert. Er wollte die Mehrheit an Gruner + Jahr (Stern, Brigitte, Financial Times Deutschland) übernehmen, wurde sich aber mit dem Miteigentümer, der Familie Jahr, die 25,1 Prozent hält, nicht einig.

Random House mit Hauptsitz in New York ist eine von vier wichtigen Bertelsmann-Sparten - neben der TV-Gruppe RTL, der Dienstleistungstochter Arvato und dem Zeitschriftenhaus Gruner + Jahr. Der Random-House-Umsatz liegt bei 1,7 Milliarden Euro, Bertelsmann gehört damit schon jetzt der international größte Verlag. Die Bertelsmann-Tochter verkauft im Jahr 500 Millionen Bücher und bringt 11.000 Neuerscheinungen heraus. Deutlich steigend sind besonders in den USA die E-Book-Verkäufe.

Unter Vertrag bei Random House und den Tochterfirmen sind Erfolgsautoren wie John Grisham, Dan Brown, John Irving, Toni Morrison, John Updike oder Orhan Pamuk. Zuletzt wurde der Bestseller Fifty Shades of Grey verlegt, von dem alleine im abgelaufenen Quartal 30 Millionen Stück abgesetzt wurden, oder im vergangenen Jahr das meistverkaufte Sachbuch, die Biografie Steve Jobs von Walter Isaacson. Beschäftigt werden weltweit mehr als 5300 Mitarbeiter. Der operative Gewinn lag im ersten Halbjahr bei 113 Millionen Euro.

Penguin ist kleiner als Random House, der Umsatz liegt bei gut 1,3 Milliarden Euro im Jahr. Die Briten verlegen ebenfalls weltweit bekannte Autoren. Zum Jahresende scheidet die langjährige Pearson-Chefin Marjorie Scardino aus, es gibt Spekulationen über eine Kursänderung. Pearson erwirtschaftet drei Viertel seines Umsatzes mit Schulbüchern und anderen Lehr- und Lernmitteln - diese Sparte steht aber offenbar nicht zum Verkauf.

Die weltweite Branche für Belletristik und Sachbücher wird nur von sechs großen Verlagshäusern dominiert, den sogenannten Big Six. Neben Random House und Penguin sind das die Hachette Book Group, Harper-Collins, Simon & Schuster sowie Macmillan, wiederum in Besitz der deutschen Holtzbrinck-Gruppe. Der Buchmarkt ist derzeit in der Krise. Die Menschen kaufen immer weniger Bücher, immer mehr Buchhandlungen schließen. Denn mit der zunehmenden Verbreitung von Tablet-Computern wie dem iPad und E-Readern wie dem Kindle sinkt der Absatz gedruckter Bücher, der Verkauf elektronischer Bücher legt dagegen rasant zu. Hier werden Onlinehändler wie Amazon oder Konzerne wie Apple und Google zu harten Konkurrenten der Verlagshäuser.

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