Frankreich:Bonus für Firmen

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"Einmalige Steuervorteile" verspricht Frankreichs Premier Manuel Valls. (Foto: Philippe Wojazer/Reuters)

Um die Konjunktur im Land noch weiter anzukurbeln, kündigt die sozialistische Regierung in Paris nun milliardenschwere Investitionshilfen an.

Von Leo Klimm, Paris

Nach und nach springen die Signale in Frankreichs Wirtschaft um - von Rot auf Grün: Der private Konsum zieht an. Die Industrieproduktion steigt. Die Gewinnmargen der Firmen verbessern sich. Nach Jahren der Stagnation wird Europas zweitgrößte Volkswirtschaft 2015 den meisten Prognosen zufolge wieder wahrnehmbar wachsen, um mindestens ein Prozent.

Und doch muss für einen dauerhaften Aufschwung nach einhelliger Expertenmeinung noch ein Signal auf Grün schalten - das aber klemmt: Die Investitionen von Firmen in Jobs und Maschinen sind und bleiben schwach. Präsident François Hollande und sein Premierminister Manuel Valls zeigen sich besorgt. Denn stellt sich keine Besserung bei den Investitionen ein, wird sich auch die politisch wichtigste Kennzahl, die Arbeitslosenquote, nicht zum Guten wenden. Also kündigte Valls nun ein Mini-Konjunkturpaket und neue Anreize für Firmen an. "Wir müssen alle Hebel umlegen", sagte er. "Und die Investitionen sind ein eminent wichtiger Hebel."

Valls' Aussage lässt sich auch auf die sozialistische Regierung selbst beziehen: Für sie ist nun wohl der wirtschaftspolitisch entscheidende Moment der bis 2017 laufenden Amtsperiode gekommen. Eine Wiederwahl scheint ausgeschlossen, wenn es Hollande und Valls nicht gelingt, jetzt das durch billiges Öl, Euro-Schwäche und frühere Milliardenentlastungen für Unternehmen herbeigeführte Wachstum zu nutzen und die Arbeitslosenquote wieder klar unter zehn Prozent zu drücken.

Zwar gelten die Ausgaben von Firmen als konjunktureller Spätindikator. Dennoch findet Vladimir Passeron, Chefanalyst beim Statistikamt Insee, dass die Investitionen nun anspringen müssten. "Entweder die Stimmung der Firmenchefs bessert sich", so Passeron. Oder die strukturellen Probleme der Unternehmen seien größer als vermutet. Darauf, dass die Ampel auf Grün umspringt, könnte Frankreich in diesem Szenario also noch länger warten.

Premier Valls glaubt, dass es nur eines befreienden Auslösers bedarf. Der besteht aus mehreren Hilfen: Für Investitionen, die ab dem 15. April getätigt werden, gewährt seine Regierung "einen einmaligen Steuervorteil": Über fünf Jahre hinweg können diese Ausgaben zu höheren Beträgen steuerlich abgeschrieben werden als sie tatsächlich wert sind. Eine staatliche Investitionsbank wird ihre Kreditvergabe um zwei Milliarden Euro erhöhen. Auch die Ausgaben von Städten und Gemeinden, die stark gesunken waren, werden unterstützt.

Ob das hilft, ist offen. Valls' eigene Wirtschaftsforschung, der bei ihm angesiedelte Analysedienst France Stratégie, wies kürzlich darauf hin, dass nicht die Menge, sondern die Qualität der Investitionen das Problem seien. Sie bemängeln zu niedrige Ausgaben für Forschung und Entwicklung "und eine Ausrichtung der Ressourcen auf Branchen, die nicht die Zukunft bereiten, insbesondere auf Immobilien". Der Arbeitgeberverband Medef bewertet die nun angekündigten Hilfen als "interessant, aber nicht spektakulär".

Hinter der Initiative steckt auch politisches Kalkül der Regierung: Die Anschubfinanzierung zulasten des Staatshaushalts trifft auf Zustimmung bei dem zuletzt rebellisch gestimmten linken Flügel der Sozialisten. Zugleich jedoch muss Valls darauf achten, nicht die EU-Kommission zu verärgern. Die diversen Investitionshilfen sollen ihm zufolge nur 2,5 Milliarden Euro bis 2017 kosten. Brüssel hatte Frankreich kürzlich eine dritte Fristverlängerung in Folge eingeräumt, um das Staatsdefizit unter drei Prozent der Wirtschaftsleistung zu senken. Paris muss das Ziel nun erst 2017 erfüllen, dafür aber schon in diesem Jahr bis zu vier Milliarden Euro mehr einsparen als ursprünglich geplant. Wie zum Beweis, dass die Regierung trotzdem nach Lust und Laune Geld ausgibt, kündigte sie am Mittwoch an, ihren Anteil am Autohersteller Renault von derzeit 15 auf knapp 20 Prozent zu steigern. Allerdings geht es hier nicht um das hehre Ziel produktiver Investitionen - sondern allein darum, vor der Hauptversammlung Ende April die eigene Macht bei Renault gegen renitente Co-Aktionäre zu verteidigen.

© SZ vom 09.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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