Frankreich:Aussitzen und stehen lassen

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Renault-Chef Ghosn will nicht wahrhaben, dass auch er ein Problem mit dreckigen Dieseln hat.

Von Leo Klimm, Paris

Konzernchef Carlos Ghosn lässt sich zurzeit gern dafür feiern, dass seine Allianz aus Renault und Nissan den Rivalen VW beim Absatz überholt hat und E-Auto-Marktführer in Europa ist. Schon länger versucht Ghosn hingegen auszusitzen, dass auch Renault ein Problem mit dreckigen Dieseln hat. Dabei sieht Frankreichs Wettbewerbsbehörde den Chef persönlich in der Verantwortung für den vermuteten Einsatz einer "betrügerischen Vorrichtung". Mit der soll Renault überhöhte Stickstoff-Emissionen vertuscht haben, etwa bei den Modellen Clio und Captur. Ghosn drohen theoretisch zwei Jahre Haft.

Sind die Probleme von Renault seit Anfang 2016 bekannt, schien der heimische Konkurrent PSA (Peugeot, Citroën und seit Neuestem auch Opel) lange Zeit keine größeren Diesel-Sorgen zu haben. Umso empörter war die PSA-Führung um Carlos Tavares, als in diesem Frühjahr auch sie eine Razzia erdulden musste. Peugeot wie Renault beteuern ihre Unschuld.

Die Ermittlungen ziehen sich hin - und es ist unklar, was den Herstellern tatsächlich droht: Die maximal mögliche Geldbuße, die sich am Konzernumsatz bemisst, erscheint jedenfalls deutlich niedriger als jene, die VW blüht. Diese beziffern Ermittler auf stolze 20 Milliarden Euro. Doch am französischen Markt trifft der Diesel-Skandal die heimischen Autobauer, die noch stärker auf den Diesel gesetzt hatten als die deutschen, schon mit voller Wucht: Binnen anderthalb Jahren brach der Anteil der Diesel-Neuwagen am Gesamtabsatz um zehn Punkte auf 48 Prozent ein. Auch weil etwa in Städten wie Paris durchgegriffen wird: Verbrennerautos, die älter als 20 Jahre sind, dürfen zu Stoßzeiten nicht fahren. Alle anderen bekommen farbige Vignetten, gestaffelt nach dem Euro-Status der Motoren - und müssen je nach Luftverschmutzung stehen bleiben.

© SZ vom 04.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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