Flughafen Berlin-Brandenburg:"Es herrscht weiterhin völliges Chaos"

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Beim Brandschutz durchgefallen, gegen den Lärm muss ordentlich nachgebessert werden: Die schlechten Nachrichten über den Hauptstadtflughafen reißen nicht ab. Ein neuer Chefplaner soll nun dafür sorgen, dass die Bauarbeiten pünktlich abgeschlossen werden - doch das Urteil von Experten ist vernichtend.

Im Streit um das Schallschutzprogramm zum künftigen Hauptstadtflughafen haben Anrainer einen wichtigen juristischen Sieg errungen. Die staatliche Flughafengesellschaft habe die Schutzauflagen systematisch verfehlt, entschied das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg. Nach dem Beschluss haben die Anwohner damit Anspruch auf eine Entschädigung oder den Einbau besserer Schutzvorrichtungen wie lärmdichte Fenster. Die Richter fordern das Brandenburgische Infrastrukturministerium per einstweiliger Verfügung auf, sicherzustellen, dass die Betreiber die Schutzauflagen umsetzen. Das Gericht lehnte es aber ab, die Flughafeneröffnung zu verschieben.

Schon jetzt haben Planungspannen beim Berliner Flughafen einen Millionenschaden verursacht - geht das Chaos weiter? (Foto: dapd)

Ohnehin besteht offenbar die Sorge, dass auch der neue Zeitplan ins Wanken geraten könnte. Ursprünglich sollte der Großflughafen, der nach dem ehemaligen Bundeskanzler Willy Brandt benannt ist, am 3. Juni in Betrieb gehen. Wenige Wochen vor dem Start sagten die Verantwortlichen den Termin jedoch ab, hauptsächlich, weil es Probleme beim Brandschutz gab. Als neuer Eröffnungstermin ist nun der 17. März 2013 vorgesehen.

"Der vergangene Monat war verlorene Zeit. Es herrscht weiterhin völliges Chaos", zitierte der Tagesspiegel einen Manager, dessen Firma am Bau der Brandschutzanlage beteiligt ist. "Der Termin ist akut gefährdet und damit auch die Eröffnung im März", sagte er. Hinzu komme, dass der Brandschutz so kompliziert geplant sei, dass selbst Profis grundsätzliche Zweifel kämen. "Es stellt sich die Frage, ob die Entrauchungsanlage jemals funktionieren wird."

Fraport-Chefplaner soll Berlin managen

Kurz nach Bekanntwerden der Blamage wurde Technikchef Manfred Körtgen gefeuert. Jetzt soll der Posten laut einem Bericht des Tagesspiegel neu besetzt werden. Der Chefplaner der Frankfurter Flughafengesellschaft Fraport, Horst Amann, soll dafür sorgen, dass zumindest der neue Termin eingehalten wird. Während Flughafensprecher Ralf Kunkel sich am Freitag nicht an "Personalspekulationen" beteiligen wollte, bestätigte Fraport, dass Berlin an Amann interessiert sei. Der Wechsel sei aber noch nicht perfekt.

Aus Sicht von Architekten und Ingenieuren lag die Schuld an dem Debakel nicht an Körtgen, sondern vielmehr an der Politik. "Die Bauschaffenden und die Planer werden für eine Blamage haften müssen, zu deren Ursache sie nur wenig bis gar nicht beigetragen haben", heißt es in einer verbreiteten Stellungnahme des Berliner Architekten- und Ingenieur-Vereins (AIV). Auch die Besetzung des Aufsichtsrats mit Politikern habe zu dem Debakel geführt. "In jedem Fall muss geklärt werden, ob der Aufsichtsrat seinen Verpflichtungen nachgekommen ist."

Im Kontrollgremium der staatlichen Betreibergesellschaft sitzen Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD), Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) und der Bundes-Verkehrsstaatssekretär Rainer Bomba (CDU).

Die Probleme bei öffentlichen Bauvorhaben nannte der AIV systembedingt: "Fast scheint es zu den Voraussetzungen zu gehören, die Projekte mit zu geringen Kosten und nicht einlösbaren Terminankündigungen über die Startlinie zu schieben. Die Ziellinie erscheint noch weit genug entfernt, und die politischen Gremien werden am Ziel andere sein."

© Süddeutsche.de/dapd/dpa/infu - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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