Fehlende Anzeigetafeln und Lautsprecheranlagen:Bahn muss an 1900 Bahnhöfen nachrüsten

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An etwa 1900 Bahnhöfen und Haltestellen in Deutschland fehlen solche Anzeigen wie diese am Hauptbahnhof in Essen. (Foto: dpa)

Der Zug kommt zu spät oder gar nicht, die Wartenden erfahren aber nichts davon: An vielen Bahnhöfen und Haltestellen in Deutschland gibt es weder Hinweistafeln noch Lautsprecheranlagen. Das muss sich ändern, hat ein Gericht entschieden.

Man stelle sich vor, der Zug hat Verspätung, aber keiner weiß es. So muss es wohl den Mitarbeitern des Eisenbahnbundesamtes ergangenen sein, als sie 2010 die schleswig-holsteinischen Bahnhöfe Lensahn und Großenbrode überprüften. Keine elektronische Hinweistafel, keine Lautsprecherdurchsage - die Wartenden wurden alleine gelassen in den beiden Gemeinden mit 5000 beziehungsweise 2000 Seelen. Daraufhin begannen die Beamten mit einer bundesweiten Untersuchung und stellten fest: Bei etwa einem Drittel der Bahnhöfe erfahren die Reisenden nichts von eventuellen Abweichungen im Fahrplan.

Weil die Deutsche Bahn sich weigerte, freiwillig nachzurüsten, zog das Eisenbahnbundesamt vor Gericht - und gewann. Die Bahn muss innerhalb von eineinhalb Jahren 1900 ihrer bundesweit 5500 Bahnhöfe und Haltepunkte mit elektronischen Hinweistafeln oder Lautsprecheranlagen ausstatten. Das hat das Kölner Verwaltungsgericht nun entschieden. Ein Sprecher der Bahn bestätigte einen entsprechenden Bericht der Zeitungen der WAZ-Mediengruppe.

Laut Urteil (Az.: 18 K 4907/11) ist die Bahn verpflichtet, auf allen Bahnhöfen und selbst auf Kleinststationen wartende Fahrgäste über Zugausfälle und Verspätungen "aktiv" zu informieren. Es reiche nicht aus, wenn Plakate auf Nummern von Info-Telefonen hinweisen würden. Die Nachrüstung kostet pro Anlage 6000 bis 8000 Euro, die Gesamtkosten dürften sich auf mehrere Millionen Euro belaufen.

Nach Angaben eines Sprechers wird die Bahn der Gerichtsentscheidung im Wesentlichen folgen. Nicht akzeptieren will das Unternehmen allerdings die Forderung, auch Haltepunkte mit weniger als 100 Ein- und Aussteigern am Tag nachzurüsten. Dagegen will sie juristisch in die nächste Instanz gehen.

Ein Sprecher der Bahn betonte, es gehe bei dem Streit nur um die "allerkleinsten Bahnhöfe", 600 bis 700 Stationen vor allem in den Flächenländern. Auf den betroffenen Strecken komme es selten zu Verspätungen, "die Beschwerden sind gleich null". Der Konzern strebe nun eine Klärung darüber an, ob eine Ausstattung mit den sogenannten Schriftanzeigern mit integriertem Lautsprecher wirtschaftlich angemessen sei, sagte der Sprecher.

Der Fahrgastverband Pro Bahn fordert, keine Ausnahmen zu machen. "Fahrgäste müssen überall informiert werden", sagte der Ehrenvorsitzende Karl-Peter Naumann zu Süddeutsche.de. Es müsse einen Standard im öffentlichen Verkehr geben, "auch für Busse und Schiffe". "Wenn ein Fahrgast eine Stunde in der Kälte steht, ohne zu wissen, was los ist, fühlt er sich verarscht."

© Süddeutsche.de/dpa/AFP/bero - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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