Fall MAN:Alter Traum, neues Problem

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Mit der Fusion von Porsche und VW feierte Ferdinand Piëch soeben einen Triumph. Jetzt muss er mit dem mutmaßlichen Schmiergeldskandal bei MAN kämpfen.

Th. Fromm und K. Ott

Vielleicht muss Ferdinand Piëch in diesen Tagen oft an den Prozess um Lustreisen und Bordellbesuche des VW-Betriebsrates denken. Piëch war als Zeuge gehört worden. Vor Gericht scherzte der Manager. Er konnte es sich leisten.

Neue Probleme für Ferdinand Piëch: Als Aufsichtsratschef muss er den Korruptionsskandal um MAN aufklären. (Foto: Foto: ddp)

Das ganze Thema perlte am VW-Aufsichtsratschef, der von 1993 bis 2002 auch Konzernchef war, ab wie Spülwasser an einer Teflon-Pfanne. Ferdinand Piëch weiß, dass Niederlagen und Siege nahe beieinander liegen; dass es manchmal eng werden kann.

Genauso aber ist er es auch gewohnt, dass er am Ende dann doch als Sieger dasteht. So auch im jahrelangen Übernahmekampf des kleinen Sportwagenbauers Porsche um den großen VW-Konzern. Statt einer Übernahme wurde in der vergangenen Woche eine Fusion beschlossen. Piëch kann zufrieden sein. Wie so oft schon.

Dass er es wieder einmal geschafft hatte, war spätestens klar, als ihm der VW-Betriebsratsvorsitzende Bernd Osterloh demonstrativ den Rücken stärkte - und sich dafür aussprach, dass Piëch auch den Aufsichtsratsvorsitz einer neu fusionierten Gesellschaft übernehmen solle.

Neue Front

Noch nie war Piëch seinem Ziel so nahe: Einen Motorenkonzern zu schaffen, der von schnittigen Sportwagen bis zum großen Lkw die komplette Palette anbietet. Porsche, Volkswagen und MAN, alles unter einem Dach.

Ausgerechnet jetzt, wo alles so gut läuft, wird der Plan des Alten empfindlich gestört. An einer Front, mit der er gar nicht gerechnet hatte. Einer Front, von der noch keiner sagen kann, wo sie anfängt, und wo sie aufhört. Es geht um Korruption beim Lkw-Konzern MAN; gegen über 100 Beschuldigte ermittelt die Münchner Staatsanwaltschaft.

Die Ermittler sprechen von einem mutmaßlichen "System zur Förderung des Absatzes von Lkw und Bussen" im Bundesgebiet. Auch von Scheinfirmen und Schmiergeld ist die Rede. Für Piëch ist das ein großes Problem. Denn VW hält fast ein Drittel der MAN-Anteile. Und Piëch ist Aufsichtsratschef bei MAN. Doch Piëch schweigt.

Es herrscht eine seltsame Stille im Kontrollgremium des Münchner Motorenkonzerns. Das Unternehmen unter seinem schwedischen Chef Hakan Samuelsson teilte nur mit, der Aufsichtsrat habe sich noch nicht damit beschäftigt, eine eigene Sonderprüfung bei externen Anwälten und Wirtschaftsprüfern in Auftrag zu geben.

Dies hatte der Siemens-Aufsichtsrat unter Chefkontrolleur Gerhard Cromme getan, einem langjährigen Stahlmanager von ThyssenKrupp. Cromme könnte ThyssenKrupp-Chef Ekkehard Schulz erzählen, wie so eine interne Ermittlung funktioniert. Schulz ist nämlich Vizechef des Aufsichtsrats bei MAN. Dort ist auch die IG Metall gut vertreten, die bei Siemens wesentlich zur Aufklärung beitrug. "Der Fall MAN hat eine fatale Ähnlichkeit mit Siemens", ist bereits aus IG-Metall-Kreisen zu hören.

Deutsche Gründlichkeit

Bei MAN gibt es in der Tat viele Parallelen zum Korruptionsfall Siemens: Briefkastenfirmen, Scheinrechnungen, und so fort. Außerdem sollen die mutmaßlichen Durchstechereien bei MAN ebenso perfekt organisiert gewesen sein wie bei Siemens. Dort musste intern in sogenannten "Grundsatzpapieren" genau notiert werden, wer wann mit welchen Beträgen bestochen werden sollte, und um welche Projekte es ging. Bei MAN sollen zu diesem Zweck sogenannte "Verkäufererklärungen" angefertigt worden sein.

Deutsche Gründlichkeit, nicht nur bei Siemens, sondern auch bei MAN? Einen bedeutenden Unterschied gibt es aber zwischen den beiden Konzernen mit Stammsitz in München. MAN ist im Gegensatz zu Siemens nicht an der New Yorker Börse notiert und muss daher keine Untersuchungen der dortigen Börsenaufsicht befürchten. Und auch keine Strafzahlungen.

© SZ vom 12.05.2009/tob/mel - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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