Europäische Union:Barniers Trennbanken-Baby

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Abgehängt: Das Gesetz steckt noch immer im Parlament fest. (Foto: Kay Nietfeld/dpa)

Müssen Banken selbst beweisen, dass von ihnen keine Gefahr für das Finanzsystem ausgeht? In der EU beginnt der Streit bei einzelnen Fragen von vorne.

Von Alexander Mühlauer

Michel Barnier sieht man jetzt wieder häufiger in Brüssel. Der Franzose ist zurückgekehrt auf die europäische Bühne, wenn auch nicht im Rampenlicht. Als EU-Kommissar war der 66-Jährige von 2010 bis 2014 auch für die Aufarbeitung der Finanzkrise zuständig. Da war ihm Aufmerksamkeit gewiss. Nun arbeitet er wieder für die Brüsseler Kommission. Seit Oktober ist Barnier Brexit-Chefverhandler. Er soll also die Interessen der Europäischen Union in den Austrittsverhandlungen mit Großbritannien vertreten. Wenn man so will, ist er der oberste Unterhändler in der EU-Kapitale. Und das mit dem Rampenlicht sollte auch noch klappen - spätestens wenn die britische Regierung den Brexit nach Artikel 50 der EU-Verträge im März wie angekündigt erklären wird.

Für die Brexit-Verhandlungen hat Barnier einen strikten Zeitplan ausgearbeitet. Bis Oktober 2018 soll der Deal im Kern stehen. Das ist ambitioniert, vor allem wenn man die normalen Brüsseler Zeitabläufe kennt. Doch der Brexit ist eben nichts Normales. Da kann sich Barnier an ganz andere Themen erinnern. Zum Beispiel eben jenes Ansinnen, das bis heute noch nicht vollendet ist: 2014 war es, da hatte die EU-Kommission eine Trennbankenverordnung vorgeschlagen. Damit würde es auch die Möglichkeit geben, eine Bank zu zerschlagen. Die Aufsichtsbehörden könnten dann das riskante Investmentbanking bereits in wirtschaftlich guten Zeiten vom Geschäft mit den Spareinlagen trennen - falls das Spekulantentum eines Geldhauses als gefährlich eingeschätzt werden sollte. "Die Vorschriften betreffen die wenigen Großbanken, für die immer noch ,too big to fail' gelten könnte", sagte der damals zuständige EU-Kommissar Barnier.

Weil das ein großer Eingriff in die Finanzwirtschaft wäre, wurde seither intensiv verhandelt - und lobbyiert. Denn am Ende müssen die Abgeordneten des Europäischen Parlaments und die EU-Finanzminister der neuen Verordnung zustimmen. Doch wie es aussieht, stirbt das Trennbankengesetz einen langsamen Tod. Zurzeit hängt es noch immer im EU-Parlament fest. Die Unterhändler der Sozialdemokraten und der Europäischen Volkspartei hatten sich im Herbst eigentlich schon auf einen Kompromiss geeinigt. Demnach hätten die drei größten Banken der Euro-Zone, Deutsche Bank, BNP Paribas und Société Générale, nachweisen müssen, dass von ihrem Investmentbankgeschäft keine Gefahr ausgeht. Andernfalls sollten sie entweder bestimmte Geschäfte abtrennen oder ihr Kapital erhöhen. Doch auf Druck Frankreichs wird daraus wohl so schnell nichts.

Wie es aussieht, beginnt nun der Streit um die Trennbankenregeln wieder von Neuem. Und damit geht es wieder um die alte Frage, ob Banken selbst beweisen müssen, dass von ihnen keine Gefahr für Sparer und Finanzmärkte ausgeht. Und natürlich geht es damit auch um den Streitpunkt, ob die Aufsichtsbehörden dazu verpflichtet sind, eine Zerschlagung oder Kapitalerhöhung anzuordnen. Die Sozialdemokraten im Europaparlament sind der Meinung, dass die Beweislast bei den Banken liegen muss. Doch davon müssten die konservativen Kollegen erst noch überzeugt werden.

© SZ vom 16.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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