EU:Wir geben nichts

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Die Bundesregierung wird sich am geplanten 350-Milliarden-Euro-Investitionsfonds der EU-Kommission nicht direkt beteiligen.

Von Claus Hulverscheidt, Berlin

Die Bundesregierung wird sich am geplanten 350-Milliarden-Euro-Investitionsfonds der EU-Kommission nicht direkt beteiligen. Das geht aus der Antwort des Finanzministeriums auf eine Anfrage der Grünen-Bundestagsfraktion hervor, die der Süddeutschen Zeitung vorliegt. Damit verweigern sich Kanzlerin Angela Merkel und Ressortchef Wolfgang Schäuble (beide CDU) dem Wunsch von Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, der die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union mehrmals zu einem solchen Mitwirken aufgerufen hatte. Stattdessen schiebt Schäuble die staatseigene Förderbank KfW vor.

Der "Europäische Fonds für strategische Investitionen" (EFSI) ist das wichtigste Projekt der EU-Kommission in dieser Wahlperiode. Der Fördertopf soll dazu beitragen, die Investitionsschwäche in Europa zu überwinden, das Wachstum zu stärken und 1,3 Millionen neue Stellen zu schaffen. Dazu wird er mit 16 Milliarden Euro aus dem EU-Haushalt und mit fünf Milliarden aus den Rücklagen der Europäischen Investitionsbank (EIB) ausgestattet. Mit dem Geld will Juncker Privatunternehmen dazu animieren, einen 15-mal so hohen Betrag in Projekte zu investieren, die ohne öffentliche Unterstützung nicht angegangen würden. So kommt die Gesamtsumme von 315 Milliarden Euro zustande.

Die Bundesregierung hatte im vergangenen Dezember deutsche Projekte im Gesamtwert von 89 Milliarden Euro an die Kommission gemeldet, die aus ihrer Sicht für eine Förderung aus dem EFSI infrage kommen. Umso unverständlicher ist es aus Sicht der Opposition, dass sich Merkel und Schäuble Junckers Wunsch nach einem finanziellen Mitwirken versagen. "Wir wollen, dass sich Deutschland mit zwölf Milliarden Euro direkt am EU-Investitionsfonds beteiligt und Signalgeber für europäische Zukunftsinvestitionen und mehr Solidarität in Europa wird", sagte der europapolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Manuel Sarrazin, der SZ. Stattdessen verschanze sich die Regierung hinter der KfW, die acht Milliarden Euro in die Projektfinanzierung stecken solle. "Damit bleibt Deutschland weit hinter seinen Möglichkeiten und seiner Verantwortung zurück", so Sarrazin.

Warum die Regierung eine direkte Beteiligung ablehnt, erklärt sie in dem Schreiben an die Grünen nicht. Vielmehr heißt es lapidar, der jüngste Kompromissvorschlag der lettischen EU-Ratspräsidentschaft sehe "eine direkte Beteiligung der Mitgliedsstaaten am EFSI durch Einlagen oder Garantien nicht mehr vor".

Scharfe Kritik übte Sarrazin auch am Bestreben der Bundesregierung, den EFSI auf zunächst drei Jahre zu befristen. "Eine zeitliche Befristung des EU-Investitionsfonds wäre lächerlich. Gerade große Infrastrukturprojekte wie der Ausbau der Energie- und Schienennetze brauchen Zeit und finanzielle Unterstützung über Jahre", sagte der Grünen-Politiker. Er forderte zudem eine stärkere Ausrichtung des Fonds auf die Bereiche Schieneninfrastruktur, Klimaschutz, Energieeffizienz, schnelles Internet und Bildung sowie mehr Mitspracherechte für die Mitglieder des Europäischen Parlaments. "Es ist bedauerlich, dass sich die Bundesregierung nicht für dieses wichtige Demokratieprinzip eingesetzt hat", sagte er.

© SZ vom 27.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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