Eon:Wind von vorne

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Sichtlich schlanker geworden: Johannes Teyssen (li.), Vorstandschef von Eon, mit Finanzvorstand Michael Sen. (Foto: Rolf Vennenbernd/dpa)

Deutschlands größter Energieversorger kämpft mit den gleichen Problemen wie RWE und meldet Verluste.

Von Varinia Bernau, Essen

Vielleicht liegt es an der neu entdeckten Liebe für den Ökostrom, den die Energiekonzerne mit Windparks auf dem offenen Meer gewinnen. Jedenfalls wetteifern die Spitzenmanager der beiden größten deutschen Energiekonzerne um die schönste Metapher für ihre miese Lage: Die heftige Konkurrenz kleinerer Ökostromanbieter setzt Eon und RWE zu. Sie müssen Milliarden auf ihre konventionellen Kraftwerke abschreiben und hohe Verluste verbuchen. Nicht einmal die Bundesregierung, zu der sie einst so gute Kontakte pflegten, springt ihnen zur Hilfe.

So verglich RWE-Chef Peter Terium am Dienstag seinen Konzern mit einem Dampfer in stürmischer See und bei dichtem Nebel. Eon-Finanzvorstand Michael Sen, der am Mittwoch die Lage seines Konzerns erläuterte, sprach von einem Segler, der hart am Wind unterwegs ist. Teilweise blase der Wind von vorn. Den riesigen Dampfer, so soll das wohl verstanden werden, den darf RWE geben. Bei Eon halten sie sich für wendiger. Bei Gegenwind aber kommt selbst ein Segelschiff nicht voran.

Nach einem Rekordverlust von sieben Milliarden Euro im vergangenen Jahr stimmte Eon am Mittwoch auf schwere Zeiten und sinkende Dividende ein. Die Preise, zu denen der Konzern die erzeugte Energie im Großhandel verkauft, seien noch stärker gesunken als erwartet, räumte der Konzernvorstand ein. Daher habe das Management bisherige Annahmen über die Entwicklung von Eon und seiner Gesellschaft Uniper, bei der seit Jahresbeginn die Kohle- und Gaskraftwerke, die Wasserkraft sowie der Handel mit Erdgas und Gasspeicher gebündelt sind, auf den Prüfstand gestellt. Die Ergebnisse dieser Überlegungen will Eon Ende April vorstellen. Auch die ersten Monate des neuen Jahres deuteten darauf hin, dass sich die Lage weiter eintrübe, sagte Finanzchef Sen. Nicht nur der Großhandelspreis für Strom sei weiterhin gesunken. Auch der Gaspreis stehe unter Druck. Hinzu komme der schwache Rubel-Kurs, der das wichtige Russland-Geschäft von Eon belastet. Das müsse auch bei weiteren Investitionen und der Festlegung der Dividende berücksichtigt werden.

Eon hatte seinen Aktionären Ende 2014, nachdem der Konzerne seine Pläne zur Aufspaltung bekanntgegeben hatte, während dieser Neuausrichtung für zwei Jahre eine feste Dividende zugesagt. Der Konkurrent RWE, der ebenfalls vor der Aufspaltung in zwei Gesellschaften für erneuerbare und konventionelle Energien steht, hatte die Ausschüttung für 2015 wegen der Krise im konventionellen Kraftwerksgeschäft fast ganz gestrichen. Nach anfänglichem Protest in vielen klammen Kommunen, die ein Viertel der Anteile von RWE halten, hat der Vorstand von Deutschlands zweitgrößtem Energiekonzern im Aufsichtsrat auch die Zustimmung der Vertreter seiner Anteilseigner erhalten. Zu schlecht ist die wirtschaftliche Lage des Unternehmens.

Das Unternehmen zahlt eine Dividende von 50 Cent - trotz der desolaten Lage

Auch Eon hat die Krise schwer erwischt: Wegen der weggebrochenen Gewinnaussichten der Großkraftwerke musste der Konzern 8,8 Milliarden Euro abschreiben. Dies führte zu einem Verlust, der doppelt so hoch wie im Vorjahr und so hoch wie nie zuvor in der Unternehmensgeschichte war. Am Dividenden-Versprechen von 50 Cent je Aktie hält Eon dennoch fest.

Für das laufende Jahr erwartet Eon, dass dem Konzern noch weniger bleibt. Der um Sondereffekte bereinigte Überschuss soll bei 1,2 bis 1,6 Milliarden Euro landen, nach 1,6 Milliarden Euro im vergangenen Jahr. In dieser Prognose ist noch die Tochter Uniper enthalten. Die führt das gesamte Geschäft mit großen Kraftwerken seit Jahresbeginn aus Düsseldorf. Das Hauptunternehmen sitzt nun in Essen, steht unter der Führung von Johannes Teyssen und konzentriert sich auf erneuerbare Energien und den Vertrieb. Die endgültige Trennung soll bei der Hauptversammlung Anfang Juni beschlossen werden, Uniper im Herbst an der Börse notiert sein.

Mit der Aufspaltung sieht Aufsichtsratschef Werner Wenning seine Aufgabe bei Eon als erfüllt an. Der 69-Jährige werde sein Mandat nach der Hauptversammlung niederlegen und damit zwei Jahre früher als ursprünglich vorgesehen, teilte Eon mit. Als Nachfolger ist Karl-Ludwig Kley, 64, vorgesehen, der Ende April nach neun Jahren als Chef beim Darmstädter Pharma- und Chemiekonzern Merck aufhört. Unter seiner Führung hatte Merck mit dem Kauf eines Herstellers von Laborausrüstung die größte Übernahme in der Unternehmensgeschichte gewagt, dem Konzern so ein weiteres Standbein gesichert. Von Investoren wurde dies geschätzt: Der Aktienkurs von Merck stieg kräftig.

Den Rat eines solchen Managers können sie bei Eon gewiss gebrauchen. Vor allem bei kräftigem Gegenwind.

© SZ vom 10.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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