Energiemarkt:Überzeugungsarbeit

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Die Eon-Abspaltung Uniper will seine Anleger für ein schwieriges Geschäft begeistern. Dahinter verbirgt sich so ziemlich all das, was Eon nicht mehr haben will: Kohle- und Gaskraftwerke - und sogar der Handel mit Rohstoffen.

Von Varinia Bernau, Düsseldorf

Klaus Schäfer muss das Unmögliche möglich machen. Der 48-Jährige muss Investoren davon überzeugen, Geld in sein Unternehmen Uniper zu stecken. Der Kunstname steht für Unique Performer, doch er täuscht. Denn hinter diesem Performer verbirgt sich all das, was der Energiekonzern Eon nicht mehr haben will: Kohle- und Gaskraftwerke sowie der Handel mit Rohstoffen. Das Ergebnis dieser Geschäfte lag im vergangenen Jahr bei 800 Millionen Euro, ein Fünftel niedriger als noch zwei Jahre zuvor. Schäfer, einst Finanzchef bei Eon und nun Chef von Uniper, soll das seit Jahresbeginn eigenständig arbeitende Unternehmen im Herbst an die Börse bringen.

An diesem Dienstag hat Schäfer in London mit seiner Charmeoffensive bei Investoren begonnen. Er wird weiterreisen nach New York und Singapur, im Gepäck zwei wichtige Botschaften: Zum einen sei Uniper kein Gegenentwurf zum Umbruch in der Energiebranche. "Wir wollen Partner und Stütze der erneuerbaren und dezentralen Energieformen sein", betont Schäfer - und wischt, zum anderen, noch ein Missverständnis weg: "Wir sind ein internationaler Energieversorger und nicht wie häufig sehr verkürzt angenommen ein deutscher Stromerzeuger."

Schäfer muss den Eindruck vermeiden, er sitze auf ein paar Dreckschleudern, mit denen sich in Deutschland noch nicht einmal Geld verdienen lässt. Denn hier drückt der Ökostrom den Großhandelspreis an der Börse so sehr, dass viele konventionelle Kraftwerke bereits Verluste machen. Andere Länder wie etwa Frankreich, Großbritannien oder Russland wollen die Betreiber auch dafür entlohnen, dass sie ihre Anlagen lediglich als Reserve für die Zeit bereithalten, in der weder die Sonne scheint, noch der Wind weht. Allein für Eingriffe ins Stromsystem bei Notfällen seien den deutschen Netzbetreibern von Januar bis Oktober 2015 Kosten von 400 Millionen Euro entstanden, rechnet Schäfer vor - und zieht daraus den Schluss, dass es die hiesige Regierung manch anderem Land gleichtun wird. "Daraus erwachsen Chancen für unser Geschäft", sagt Schäfer und verlangt seinen Investoren damit eine Menge Optimismus ab.

Wohl auch deshalb spricht er über das, was Uniper jenseits der deutschen Kohlekraftwerke so zu bieten hat: über die Wasserkraftwerke in Schweden, die keinerlei klimaschädliches Kohlenstoffdioxid in die Luft pusten; die Erdgaskraftwerke, "von denen einige zu den modernsten ihrer Art zählen", wie Schäfer betont. Von den Beteiligungen an russischen Gasfeldern, von den Gasspeichern und schließlich vom Handel und Transport von verflüssigtem Erdgas. "Unsere Kraftwerke, Pipelines, Förderfelder und Gasspeicher sind und bleiben ein stabiles Gerüst, das nicht an Wind und Wetter hängt", sagt Schäfer. Damit ihm niemand seine Zuversicht als Naivität auslegt, zieht er die Prognose der Internationalen Energie-Agentur heran: "Aber auch im Jahr 2040 sollen demnach fossile Energieträger noch knapp unter 60 Prozent der weltweiten Stromerzeugung ausmachen."

Die Probleme verschweigt Schäfer nicht: Dass die westlichen Sanktionen die russische Wirtschaft, den Rubel und damit auch Unipers Geschäft in Russland belasten; dass es als kleines Unternehmen ohne die Rückendeckung der großen Eon auch schwieriger wird, an Kredite zu kommen - vor allem jetzt, da Eon anders als ursprünglich geplant Uniper auch noch 4,7 Milliarden Euro Schulden mitgibt. "Wir wollen und können nicht bloß zuschauen, sondern müssen gegensteuern", betont Finanzchef Christian Delbrück. Alles soll auf den Prüfstand, auch die Personalkosten. Es könnte gut sein, dass einige der 14 000 Stellen gestrichen werden. Uniper hat kürzlich sogar eine Klage eingereicht, um ein Kohlekraftwerk im bayerischen Irsching, das nur noch Geld verbrennt, endlich vom Netz nehmen zu können.

Schäfer signalisiert den Investoren also nicht nur, dass er auf bessere Geschäfte in der Zukunft hofft. Er verspricht auch, mit einem harten Sparprogramm das seine dazu beizutragen, dass sich die Lage bessert. Er will Unternehmenswerte von mehr als zwei Milliarden Euro verkaufen, um Geld in die Kasse zu holen. Und schließlich gibt Schäfer auch noch dieses Versprechen: Es soll eine Dividende geben. Für das Übergangsjahr 2016 will Uniper insgesamt 200 Millionen Euro an seine Anteilseigner ausschütten. Später soll die Dividende aus dem freien Mittelzufluss kommen.

In nicht einmal 50 Tagen stimmen auf der Hauptversammlung von Eon die Aktionäre über die Abspaltung von Uniper ab. Schäfer braucht eine Zustimmung von mindestens 75 Prozent des dort vertretenen Kapitals. Dann also wird sich zeigen, ob der Manager das Unmögliche möglich gemacht hat.

© SZ vom 27.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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