Energie:Mehr Strom von Wind und Sonne

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Erneuerbare Energien decken mittlerweile mehr als 26 Prozent der weltweiten Stromproduktion. (Foto: Sean Gallup; Getty/Getty Images)

Kompromiss zwischen EU-Staaten und Parlament: Bis zum Jahr 2030 soll der Anteil erneuerbarer Energien auf 32 Prozent steigen.

Von M. Bauchmüller, T. Kirchner, Brüssel/Berlin

Um drei Uhr Morgens traf man sich, wie meist, ungefähr in der Mitte. Am Donnerstagfrüh verständigten sich die EU-Staaten, die Kommission und das Parlament in Straßburg dann auf neue Ziele für den Ausbau erneuerbarer Energien. Bis 2030 soll der Anteil der Energie, die aus Wind, Sonne, Wasser oder Biomasse gewonnen wird, am gesamten EU-Verbrauch auf 32 Prozent steigen. Mitgliedstaaten und Kommission hatten 27 Prozent gefordert, das Parlament 35 Prozent. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) wäre mit 30 Prozent einverstanden gewesen. Derzeit liegt der Anteil der Erneuerbaren bei etwa 17 Prozent in der gesamten EU. Keine Einigung gab es hinsichtlich der Energie-Effizienz. Man sei aber kurz davor gewesen, letztlich habe nur die Zeit gefehlt, hieß es in Straßburg.

Im Parlament überwogen zustimmende Reaktionen. Die Grünen begrüßten besonders, dass die Einigung 2023 mit Blick auf die Klimaziele der EU überprüft und gegebenenfalls ehrgeiziger gestaltet werden kann. Dann "müssen die EU-Regierungen zeigen, ob ihre Maßnahmen für die Förderung sauberer Energie ausreichen", erklärte der Abgeordnete Claude Turmes. Die EU hat sich dazu verpflichtet, den Ausstoß von Treibhausgas bis 2030 um 40 Prozent im Vergleich zu 1990 zu senken. Der zunehmende Ersatz fossiler Energieträger durch Erneuerbare soll dazu beitragen. Allerdings fordern die Grünen ein Minus von 50 Prozent, um die Erwärmung der Atmosphäre wirksam zu begrenzen.

Die deutsche Haltung sei "unfassbar", kritisiert die Umwelthilfe

Teil der Einigung sind Regeln für die Stromerzeugung von Privatleuten, kleineren Unternehmen oder Kooperativen. Ihnen wird es nun erleichtert, ohne zusätzliche Steuern oder Bürokratie Strom ins öffentliche Netz einzuspeisen. Sie dürfen die Energie speichern, verbrauchen oder weiterverkaufen, und zwar mindestens zum Marktpreis. Auch sollen Ansprechpartner Interessierte beraten, die Solarpaneele auf ihrem Dach anbringen wollen. Alle Bürger erhielten nun leichten Zugang zu Sonnenenergie, erklärte die europäische Verbraucherorganisation Beuc. Greenpeace feierte, "dass zum ersten Mal das Recht auf Beteiligung am Energiemarkt im Rahmen der Bürgerenergie europaweit gesetzlich verankert wurde".

Der Einsatz von Biokraftstoffen der ersten Generation, der etwa aus Getreide oder Holz gewonnen wird, soll auf dem 2020 erreichten Niveau eingefroren werden. Bis dahin lohnen sich noch Investitionen. Neuere Biokraftstoffe aus Kompost sollen bis 2030 einen Anteil von 3,5 Prozent erreichen. Die Verwendung von Palmöl in Biosprit will die EU bis 2030 schrittweise beenden. Umweltschützer hatten ein viel früheres Ausstiegsdatum gefordert. Vermutlich habe Druck der Regierungen der Palmölproduzenten Indonesien und Malaysia die EU-Staaten eingeschüchtert, sagte der EU-Abgeordnete Martin Häusling (Grüne).

Bundesumweltministerin Svenja Schulze begrüßte die Einigung. Die EU beweise in einem wichtigen Teil ihrer Klimapolitik Handlungsfähigkeit, sagte die SPD-Politikerin. "Ich hatte mich von Anfang an dafür eingesetzt, dass wir nicht bei unserer ursprünglichen Position bleiben, nur 30 Prozent als neue Zielvorgabe in der EU zu vereinbaren." In der Bundesregierung hatte es Spannungen über die deutsche Position gegeben. Beim Energieministerrat in Luxemburg hatte sich Wirtschaftsminister Altmaier vehement gegen zu hohe Ziele ausgesprochen. Anschließend stritten Wirtschafts- und Umweltministerium darüber, ob sich Altmaier damit über die gemeinsame Linie hinweg gesetzt hat. Die deutsche Haltung sei "unfassbar", kritisierte die Deutsche Umwelthilfe (DUH). Deutschland habe seine "stimmstarke Position genutzt, um ambitionierte Zielsetzungen im Bereich Energieeffizienz und Erneuerbaren Energien zu blockieren", sagte DUH-Geschäftsführer Sascha Müller-Kraenner.

© SZ vom 15.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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