Einkaufen mit der Maschine:In der Zukunftswerkstatt

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Wenn der Roboter die Eier sucht: Der Metro-Konzern testet, wie die Kunden mehr Spaß am Einkaufen haben und das Unternehmen Kosten sparen kann.

Stefan Weber

Allys Akku ist wieder einmal leer. Das ständige Auf und Ab zwischen den Verkaufsregalen kostet viel Energie. Und dann immer wieder dieselbe Frage an die Kunden: "Wollen Sie einmal sehen, was ich auf dem Kasten habe?" Jetzt tankt Ally Kraft - an der Steckdose zwischen den Regalen mit Eiern und der Aktionsware. Ally ist ein etwa 1,50 Meter großer sprechender Roboter. Zusammen mit ihrem baugleichen Zwillingsbruder Roger schiebt sie Dienst als "Innovationslotse" im Real-Markt Tönisvorst am Niederrhein.

"Hallo, mein Name ist Roger": Der sprechende Roboter hilft beim Einkaufen. (Foto: Foto: oH)

Kunden, die wissen möchten, wo in dem 8600 Quadratmeter großen Laden beispielsweise Bio-Kartoffeln zu finden sind oder wo das Regal mit französischen Rotweinen steht, können sich an Ally oder Roger wenden: Ein paar Fingerübungen auf dem am Rücken der Roboter montierten Touchscreen und der technische Helfer setzt sich in Richtung des gewünschten Ziels in Bewegung.

Willkommen in der Zukunftswerkstatt des Einzelhandels! In dem SB-Warenhaus testet die Metro-Gruppe den Einsatz neuer Techniken. "Wir wollen den Einkauf für die Kunden erlebnisreicher machen", sagt Gerd Wolfram, Geschäftsführer der MGI Metro Group Information Technologie, einer Tochter des größten deutschen Handelskonzerns. Aber natürlich soll sich der verstärkte Einsatz von Technik auf Sicht auch in Euro und Cent auszahlen, ergänzt Roland Neuwald, der in der Geschäftsführung von Real für den Vertrieb verantwortlich ist. Wie sich Kosten reduzieren lassen, haben andere Branchen dem Einzelhandel in den vergangenen Jahren vorgemacht - etwa die Kreditinstitute, die ihre Kunden dazu erzogen haben, immer mehr Aufgaben selbst zu übernehmen, an Geldautomaten und Überweisungsterminals beispielsweise.

"Richtige" Kassierer und "echtes Geld"

So weit ist es im Einzelhandel noch nicht. Auch im Future Store, wie Metro ihren zum Testlabor aufgerüsteten Laden getauft hat, gibt es Kassen mit einem "richtigen" Kassierer, die "echtes" Geld annehmen. Aber es gibt eben auch eine "innovative Kassenzone". Hier scannen die Kunden den Inhalt ihres Einkaufswagen selbst, warten darauf, dass ein kleiner Automat einen Zettel ausspuckt, den sie ein paar Meter weiter in den Schlitz einer Zahlstation stecken. Dann werden sie aufgefordert zu zahlen: Bar, per Karte oder auch per Fingerabdruck. Der wird vor dem ersten Einkauf einmalig registriert und in einen Zifferncode übersetzt. Noch ist die Scheu der Kunden groß, ihr sehr persönliches Erkennungszeichen, den Fingerabdruck, preiszugeben. In den 100 Tagen, in denen Metro das "Testlabor" nun geöffnet hat, haben sich gerade einmal 200 Besucher registrieren lassen. "Das erfordert noch sehr viel persönliche Überwindung", meint Wolfram. Aber die Technik, so versichert er, sei sicher.

Sehr viel unbefangener greifen die Real-Kunden in Tönisvorst zu einem technischen Helfer, der den sperrigen Namen "mobiler Einkaufsassistent" trägt. Dabei handelt es sich um ein übliches Handy mit Kamerafunktion, das mit einer speziellen Software aufgerüstet wird. Mit ihm lassen sich im Markt die Strichcodes der gewählten Waren einscannen. Das Gerät addiert die Beträge; die Summe wird dann als Strichcode angezeigt und kann später von der Kasse gelesen werden.

Technologien und Konzepte, die sich bewähren, will die Real-Geschäftsführung bald auch in weiteren ihrer bundesweit 350 Märkte installieren. Andere Ideen werden weiterentwickelt - oder verworfen. Wie der "Persönliche Shopping Assistent PSA", ein als Navigationsgerät dienender Kleincomputer, den sich die Kunden im Laden ausleihen und an ihren Einkaufswagen klemmen.

Vor fünf Jahren, zur Eröffnung des ersten Future Store in Rheinberg, hatte Metro dieses Gerät vorgestellt und mit vielen Vorschusslorbeeren bedacht. Heute ist der PSA Geschichte; seine Aufgabe soll das Handy übernehmen. Den Kunden in Tönisvorst scheint die Aufrüstung ihres Marktes zu gefallen. Seit Eröffnung des Future Store ist der Umsatz in zweistelligem Tempo gestiegen. Der Einkaufsbon ist im Durchschnitt um sieben Euro höher als in benachbarten Real-Läden.

© SZ vom 11.09.2008/mel - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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