Diesel-Affäre:Das Risiko für VW steigt

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Ein Porsche im Werk Zuffenhausen. Auch beim Sportwagenhersteller ermitteln Staatsanwälte. (Foto: Getty Images)

Gleich drei Staatsanwaltschaften ermitteln jetzt in Deutschland im Fall Volkswagen - die Führung des Konzerns in Wolfsburg ist erzürnt. Dem Unternehmen drohen hohe Bußgelder und Aktionärsklagen.

Von Klaus Ott, München

Nun also auch noch Porsche, auch noch Stuttgart. In Deutschland ermitteln jetzt gleich drei Staatsanwaltschaften wegen des Abgasaffäre des VW-Konzerns. In Braunschweig, dort geht es um Volkswagen selbst. In München wegen der Tochter Audi. Und neuerdings auch in Stuttgart wegen der Sportwagen-Tochter Porsche. Drei Verfahren, das bedeutet ein dreifaches Risiko für den Autokonzern: dass noch mehr herauskommt; dass am Ende gleich mehrere hohe Bußgelder fällig sind; und dass Aktionäre für Kursverluste entschädigt werden müssen. Das könnte auch erklären, warum man in der Konzernzentrale überhaupt nicht begeistert ist über die vielen Verfahren, sondern heftig zürnt. Von einer künstlichen Aufteilung ist in Anwaltsschriftsätzen die Rede.

Die Sichtweise der Staatsanwaltschaften ist ganz einfach. Sollte sowohl am VW-Stammsitz in Wolfsburg wie auch in Ingolstadt bei Audi und in Stuttgart bei Porsche manipuliert worden sein, dann wären das drei Tatorte mit jeweils eigenen Tätern. Das gilt beispielsweise für Motorenentwickler und andere Technik-Spezialisten, die daran mitgewirkt haben sollen, Diesel-Fahrzeuge entsprechend zu programmieren. So zu programmieren, dass die Abgasreinigung bei den offiziellen Tests auf dem Prüfstand ein- und draußen auf den Straßen weitgehend abgeschaltet wird. Der Vorwurf der Ermittler lautet: Betrug an den Autokäufern, denen saubere Autos versprochen worden waren sowie unlautere, strafbare Werbung.

Drei Strafverfahren in Deutschland, und das zusätzlich zu dem noch viel größeren Ärger in den USA, das ist aus Sicht von Volkswagen ein bisschen viel. Ein Verfahren hierzulande, das wäre aus Wolfsburger Sicht völlig ausreichend. Bereits als die Staatsanwaltschaft München II im Fall Audi im Frühjahr das zweite deutsche Verfahren eingeleitet und die Ingolstädter Tochter durchsucht hatte, war das VW zu viel. Volkswagen und die Staatsanwaltschaft stritten damals sogleich bei Gericht, ob Unterlagen der von Volkswagen mit internen Untersuchungen beauftragten Anwaltskanzlei Jones Day beschlagnahmt werden durften, oder nicht. Den Gerichtsakten zufolge wandten die VW-Anwälte auch ein, die Aufteilung in zwei jeweils eigene Verfahren für VW und Audi sei "künstlich" und nicht haltbar. Letztlich handle es sich doch um einen Fall.

Das von Volkswagen und Jones Day angerufene Landgericht München I sah das aber ganz anders. Es liege keine "künstliche Aufspaltung" vor. Immerhin habe Audi selbst Strafanzeige gestellt, was dann auch ein maßgeblicher Anlass für die Ermittlungen in München gewesen sei. Das Münchner Landgericht wies die Beschwerden von Volkswagen und Jonas Day gegen die Durchsuchung der Anwaltskanzlei zurück. Nun geht der Streit beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe weiter, wo Volkswagen Beschwerde eingelegt hat. Während dort weiter gerungen wird, hat der VW-Konzern mit Porsche in Stuttgart nun sogar noch eine dritte strafrechtliche Baustelle. Und jedes Verfahren kann teuer werden. Nicht nur für beschuldigte Manager, sondern auch für die Unternehmen.

In Braunschweig läuft bereits ein Bußgeldverfahren gegen VW, mit dem die Justiz Gewinne abschöpfen könnte, die auf illegale Art und Weise entstanden seien. Der Verkauf von angeblich sauberen, tatsächlich aber die Umwelt stark belastenden Diesel-Fahrzeugen gehört dazu. Solche Bußgeldverfahren sind auch in München und Stuttgart möglich. Und die Staatsanwaltschaft München II beziffert den Schaden, den Audi bei den Kunden angerichtet habe, mit mehr als drei Milliarden Euro. So hoch würde natürlich bei weitem kein Bußgeld ausfallen, aber zwei- bis dreistellige Millionenbeträge wären durchaus drin.

Und dann sind da noch die mehr als acht Milliarden Euro, die VW-Aktionäre per Klage für Kursverluste fordern. Je mehr Spuren die Staatsanwälte finden, die bis in den Konzernvorstand führen, desto besser die Chancen dieser Aktionäre. Für VW wird es zunehmend ungemütlich.

© SZ vom 12.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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