Deutschlandfonds:Gevatter Staat meinte es gut, allzu gut

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In der Krise half der Staat. Jetzt aber sollte er die Unterstützung einstellen - auch, weil die Geldverteilung falsche Anreize setzen könnte.

Thomas Öchsner

Es war die Zeit des beherzten Aktionismus auf Kosten der Steuerzahler: Vor mehr als einem Jahr, als nach der Pleite der amerikanischen Investmentbank Lehman Brothers das ganze Weltwirtschaftssystem auf der Kippe stand, verteilte die Bundesregierung viele Wohltaten. Es gab die Abwrackprämie für Altautos und die Rentengarantie, die großzügige Förderung der Kurzarbeit und ein milliardenschweres Kredit- und Bürgschaftsprogramm für Unternehmen, den sogenannten Deutschlandfonds.

Dieses Sammelsurium von nicht immer notwendigen Maßnahmen war gut gemeint. Es sollte Konsumenten zum Geldausgeben verführen, Rentner beruhigen, Arbeitnehmern und krisengeschüttelten Betrieben helfen. Nun aber, im dritten Jahr der Krise, ist es höchste Zeit, sich von staatlichen Gefälligkeiten langsam zu verabschieden.

Das zeigt auch die soeben vom Bundeswirtschaftsministerium vorgelegte vorläufige Bilanz des Deutschlandfonds: Der Rettungsfonds wurde bislang nur zu einem geringen Teil ausgeschöpft, auch weil die wirtschaftliche Lage zumindest hierzulande weit weniger dramatisch ist, als noch vor einigen Monaten befürchtet.

Insgesamt 115 Milliarden Euro stellte die Bundesregierung für die Krisenhilfe an Unternehmen bereit. Doch gerade einmal ein Zehntel wurde bis jetzt tatsächlich in Anspruch genommen. Der Fonds, der eine Kreditklemme verhindern und Unternehmen mit Kapital ausstatten soll, das sie von den Banken nicht bekommen, kann in seiner jetzigen Form seinen Zweck nur sehr begrenzt erfüllen.

Der Bundesregierung ist kein Vorwurf zu machen, dass sie den Fonds zu überdimensioniert geplant hat. Keiner konnte wissen, wie sich die Krise entwickeln würde. Zu Recht gab es aber von Anfang an Bedenken: Das beginnt schon bei den Kriterien, von denen die Hilfen abhängen.

Der Staat darf nur Firmen helfen, die allein durch die aktuelle Finanz- und Wirtschaftskrise in eine Schieflage geraten sind und eine klare Perspektive haben. Wer bereits vor dem 1. Juli 2008 wirtschaftliche Probleme hatte, soll leer ausgehen. So klar diese Statuten sind, so schwierig ist es, im Einzelfall danach zu entscheiden. Der Streit um mögliche Hilfen für Opel zeigt dies deutlich.

Spitzenbeamte können beim Deutschlandfonds hinter verschlossenen Türen über Leben und Tod von Unternehmen bestimmen. Welcher politischen Einflussnahme sie dabei unterliegen, wird nicht bekannt. Das Verfahren ist zu intransparent. Es besteht die Gefahr, dass nicht die Betriebe Geld bekommen, die es am dringendsten brauchen, um aus der Krise zu kommen, sondern diejenigen, die am lautesten schreien, in Berlin gute Beziehungen haben und eigentlich keine Staatshilfe bekommen dürften.

Je länger aber die Bundesregierung den Fonds am Leben hält und je stärker die wirtschaftliche Erholung fortschreitet, desto mehr steigt das Risiko, Firmen am Leben zu erhalten, die schon lange existenzbedrohende Probleme haben und Sanierungsfälle sind. Davon profitieren zunächst nur die Banken. Sie können so Abschreibungen auf faule Kredite vermeiden. Forderungen, den Deutschlandfonds über das Jahr 2010 weiterzuführen, sollte die Bundesregierung deshalb nicht nachgeben.

Sicher, viele Unternehmen haben in der Krise ihre finanziellen Reserven aufgebraucht und ihre Lager aufgelöst. Bekommen sie in den nächsten Monaten wieder mehr Aufträge, wird es für sie noch schwerer, an Kredite heranzukommen. Die Bundesregierung muss deshalb alles tun, um die Banken zu stärken, die weiter Geld herausrücken - aber eben nicht mit Fehlanreizen, die zu Wettbewerbsverzerrungen führen.

Deutschland muss sich auf eine Welt nach der Krise einstellen. Und die sieht, das deutet sich bereits an, anders aus: Die Schwellenländer gewinnen weiter Stärke. Sie sind neue Konkurrenten und zugleich attraktive Absatzmärkte. Nötig wäre ein neuer Deutschlandfonds, einer, der die Entwicklung neuer Produkte fördert, etwa für eine effiziente und ökologische Energiegewinnung.

Die Bundesrepublik braucht neue deutsche Verkaufsschlager.

© SZ vom 13.04.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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