Deutsche Börse:Deckel drauf

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Carsten Kengeter: Im allerbesten Fall steht ihm ein Bonus von knapp 38 Millionen Euro zu. (Foto: Boris Roessler/dpa)

Börsenchef Carsten Kengeter muss befürchten, dass der Aufsichtsrat ihm den Bonus kürzt - auch, weil er seine Ziele verfehlt hat.

Von Jan Willmroth und Markus Zydra, Frankfurt

In dieser Woche wird Joachim Faber zu einer Reise aufbrechen, die in anderen Jahren denkbar leichter für ihn war. Jeden Herbst trifft der Aufsichtsratschef der Deutschen Börse wichtige Investoren des Dax-Konzerns, dieses Mal muss er mit vielen kritischen Fragen rechnen: Zum Beispiel, warum das Unternehmen hohe Bußgelder akzeptiert für Vergehen, die zum Großteil Vorstandschef Carsten Kengeter zu verantworten hat. Oder warum Kengeter ausgerechnet noch von jenem Bonusprogramm in vollem Umfang profitieren sollte, das ihm den Vorwurf des Insiderhandels und die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft einbrachte.

Der zuletzt lauter gewordenen Kritik mancher Börsen-Aktionäre kann Faber jetzt etwas entgegenhalten. Derzeit diskutiert der Aufsichtsrat, das langfristige Vergütungsprogramm für den Börsen-Chef anzupassen und den maximalen Bonus zu deckeln. Konkret geht es um den Teil seiner Vergütung, der ihn in die Bredouille brachte: den sogenannten Co-Performance-Plan, in dessen Rahmen Kengeter im Dezember 2015 für 4,5 Millionen Euro Aktien der Börse kaufte. Dazu erhielt er Aktien im gleichen Wert, die schrittweise ab 2019 ausgezahlt werden. Im allerbesten Fall könnte ihm damit ein Bonus von knapp 38 Millionen Euro zustehen. Das galt schon zuvor vielen als nicht mehr vermittelbar. Über Details, wie der Bonus gedeckelt werden könnte, werde erst noch verhandelt, heißt es. Unklar ist, ob Kengeter dagegen sein Veto einlegen könnte - allerdings wäre seine Verhandlungsposition derzeit relativ schlecht.

Über die Pläne, diesen Bonusplan umzubauen, hatte zuerst das Handelsblatt berichtet. Weil er bereits den Zusammenschluss mit der Londoner Börse LSE geplant haben soll, als er die Aktien aus seinem Privatvermögen kaufte, ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen Insiderhandels gegen Kengeter. Der Manager hat die Vorwürfe stets bestritten und hofft auf eine Einstellung des Verfahrens gegen Geldauflage. Vergangene Woche hatte der Deutsche-Börse-Vorstand beschlossen, zwei Bußgelder der Staatsanwaltschaft Frankfurt in Höhe von insgesamt 10,5 Millionen Euro zu akzeptieren: Eines wegen des Insiderhandels, das zweite wegen Marktmanipulation. Kengeter war bei der Abstimmung im Vorstand nicht dabei, weil er als befangen gilt. Auch auf die Verlängerung seines im März endenden Vertrags muss Kengeter weiter warten. Mit Entscheidungen sei vor der Bundestagswahl nicht mehr zu rechnen, heißt es seit Wochen von verschiedenen Beteiligten.

Und dann prüfen das Land Hessen und die Finanzaufsicht noch die Zuverlässigkeit des Börsen-Chefs

Noch ist die Sache also keineswegs ausgestanden. Zunächst muss er noch abwarten, zu welchem Ergebnis die hessische Börsenaufsicht und die Finanzaufsicht Bafin in ihrer Zuverlässigkeitsprüfung kommen. Beide Behörden könnten den Manager abberufen, wenn sie ihn wegen der Vergehen für ungeeignet halten. Die Börse ist zwar eine private Aktiengesellschaft, übt aber hoheitliche Aufgaben aus und steht deswegen unter besonderer Kontrolle der Behörden.

In Finanzkreisen geht man davon aus, dass Kengeter vor einer Abberufung, die einem Berufsverbot gleichkäme, ein entsprechendes Signal erhielte, um von sich aus abtreten zu können. Aber selbst wenn die Zuverlässigkeitsprüfung gut läuft, bleibt im Aufsichtsrat weiter umstritten, ob Kengeters Vertrag verlängert werden soll.

Außerdem muss der Ex-Investmentbanker wohl um seinen komplex zusammengebauten jährlichen Bonus fürchten. Der Aufsichtsrat werde prüfen, ob Kengeter alle gesteckten Ziele erreicht hat, heißt es in Kreisen der Konzernführung. Es gilt als unstreitig, dass er seine ambitionierte To-do-Liste nicht abgearbeitet hat: Allen voran ist die Fusion mit der LSE gescheitert. Die Ermittlungen gegen Kengeter haben der Reputation des Konzerns geschadet, auch das spielt eine Rolle. Im vergangenen Quartal hatte der Konzern zudem seine Gewinnziele nur noch knapp erreicht.

© SZ vom 19.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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