Chinesische Investoren:Viele hoffen auf Anbang

Lesezeit: 3 min

Der chinesische Konzern Ambang wirbt einen Investmentbanker bei Credit Suisse ab - es könnte der Auftakt zu einer neuen Einkaufstour sein. Der Investor aus Asien prüft gerade die Bücher der HSH Nordbank.

Von Christoph Giesen und Meike Schreiber, Peking/Frankfurt

Sie kaufen beinahe im Wochentakt ein: Chinas Finanzkonzerne. Hier eine Beteiligung an einer Goldmine, dort eine Hotelkette oder ein Maschinenbauer. In Deutschland sind bisher vor allem zwei Unternehmen aufgefallen. Fosun mit seinem schillernden Gründer Guo Guangchang, der in der Heimat der "chinesische Warren Buffett" genannt wird.

Und HNA, ein Konglomerat, das in den vergangenen Monaten mehr als 40 Milliarden Dollar ausgegeben hat. Fosun stieg in Deutschland beim Modehaus Tom Tailor ein und übernahm die Privatbank Hauck-Aufhäuser. HNA ist Eigentümer des Flughafens Hahn in Rheinland-Pfalz und größter Einzelaktionär bei der Deutschen Bank. Aber da ist noch ein dritter Konzern, der Fuß fassen will: Anbang.

Vergangene Woche wurde bekannt, dass Anbang einen renommierten Investmentbanker von der Credit Suisse in Frankfurt abgeworben hat: Nicolo Salsano, ein Deutsch-Italiener, der für die Schweizer Großbank jahrelang Banken und Versicherungen bei Fusionen, Übernahmen und Börsengängen berät. Für Anbang soll der 47-Jährige als Investmentchef in Europa, Afrika und dem Nahen Osten auf Einkaufstour gehen. Vieles spricht dafür, dass es dabei um größere Deals geht: Banken, Versicherer und Fondsgesellschaften, heißt es in Branchenkreisen.

Salsanos Ernennung bestätige jedenfalls "das Engagement von Anbang für die europäische Region und die konsequente internationale Wachstumsstrategie", teilte der Konzern mit. Es wäre nicht der erste Zukauf in der europäischen Finanzbranche: 2015 hatte Anbang für 150 Millionen Euro plus einer Kapitalspritze von 1,3 Milliarden Euro die niederländische Versicherungsholding Vivat übernommen.

Die Chinesen sind dabei durchaus willkommen: Vor allem in Hamburg und Kiel hoffen derzeit viele auf Anbang. Neben einigen Finanzinvestoren prüft der Versicherungskonzern dort die Bücher der zum Verkauf stehenden HSH Nordbank. Die Landesbank muss bis Februar 2018 verkauft werden. Misslingt das, droht dem vormals weltgrößten Schiffsfinanzierer die Abwicklung. Weil in der Landesbank jedoch große Risiken schlummern, ist unklar, wie die Sache ausgeht. Bis Ende Juni müssen Interessenten Gebote abgeben. Eine Entscheidung wird frühestens im Herbst fallen.

Bei der HSH-Übernahme aber wird nicht nur eine Rolle spielen, ob Anbang bereit ist, die Risiken der Bank zu übernehmen, fraglich ist auch, ob die Finanzaufsicht die Übernahme genehmigt. Die Aufseher prüfen nicht nur die Zuverlässigkeit der Investoren, sondern auch, woher das Geld für den Kauf stammt. Und das ist gerade bei Anbang nicht einfach zu verstehen.

Die New York Times untersuchte vor einigen Monaten das Firmengeflecht intensiv: Auf 39 Unternehmen stieß die Zeitung dabei, die meisten davon waren Briefkastenfirmen. Bei mindestens 35 dieser Unternehmen stammen die Aktionäre aus just demselben Landkreis: Pingyang in der ostchinesischen Provinz Zhejiang. Es sind offenbar Freunde und Familienmitglieder des Aufsichtsratsvorsitzenden Wu Xiaohui, ein ehemaliger Beamter, der in die Familie von Deng Xiaoping, Chinas Reformpatriarchen, eingeheiratet hat.

2004 startete Anbang als Autoversicherer in der Hafenstadt Ningbo, 300 Kilometer nördlich von Pingyang. Die ersten Jahre war Anbang eher unbedeutend, plötzlich allerdings begann die kleine Versicherung zu investieren. Sie stieg bei Banken ein und eröffnete undurchsichtige Graumarktfonds. Inzwischen verwaltet Anbang ein Vermögen von etwa 300 Milliarden Dollar. Jüngst machte in Peking das Gerücht die Runde, Chefaufseher Wu dürfe China nicht mehr verlassen. Das Unternehmen dementierte scharf. Der Obmann in den Fängen der chinesischen Justiz, das hätte weitreichende Folgenden für das Geschäft. Zumal es in Deutschland den vergangenen Jahren für chinesische Investoren ohnehin nicht einfach war, Genehmigungen für einen Finanzdeal zu bekommen.

Das scheint sich jedoch ein wenig zu ändern. Felix Hufeld, Chef der deutschen Finanzaufsicht Bafin, äußerte sich kürzlich geradezu euphorisch über potenzielle Geldgeber aus Fernost. Die Finanzaufsicht begrüße den Einstieg chinesischer Investoren bei deutschen Banken, sagte er auf einer Pressekonferenz. "Wir halten das grundsätzlich für eine positive Geschichte". Es gebe keine "schwarze Liste" für bestimmte Investoren, auch nicht für solche aus China. Der Pragmatismus hat einen Grund: Aus Sicht der Aufseher ist Geld aus China immer noch besser, als wenn die Steuerzahler einspringen müssten.

Kein Wunder also, dass Raimund Röseler, der zuständige Bafin-Direktor, vor wenigen Monaten nach China flog, um sich ein Bild vor Ort zu machen. Dem Vernehmen nach stattete er zwar nicht Anbang, dafür aber HNA einen Besuch ab. Aktuell ist das Aktienpaket an der Deutschen Bank rund 3,4 Milliarden Euro wert - eine Summe, die chinesische Investoren nur mit staatlicher Billigung im Ausland investieren können. Denn: Die Regierung in Peking hat kürzlich die Ausfuhr von Devisen streng reglementiert. Angesichts der staatlichen Prokura agiere HNA damit quasi wie ein Staatsfonds, glauben viele in der europäischen Finanzbranche. Auch Anbang bekommt sein Geld offenbar problemlos außer Landes.

© SZ vom 12.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: