China:Ständig abwärts

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Die Börse in Shanghai hat erneut dramatische Kursverluste erlebt, damit verschärften sich die Sorgen um die Stabilität des chinesischen Finanzsektors. Der Composite Index büßte am Freitag noch einmal 5,8 Prozent ein.

Von Marcel Grzanna, Shanghai

Die Börse in Shanghai hat am Freitag erneut dramatische Kursverluste erlebt, damit verschärften sich die Sorgen um die Stabilität des chinesischen Finanzsektors. Viele Investoren haben in den vergangenen Monaten Wertpapiere auf Pump gekauft und drohen auf einem Berg Schulden sitzen zu bleiben, der wiederum an staatlichen Banken hängen bleiben könnte. Der wichtige Composite Index büßte trotz aller staatlichen Eingriffe noch einmal 5,8 Prozent ein und sackte auf ein Dreimonatstief mit 3686 Punkten. Mitte Juni hatte der Leitindex noch fast 1500 Punkten höher notiert.

Analysten glauben, dass viele Erstkäufer und weniger erfahrene Anleger verantwortlich sind für die rasante Talfahrt. "Da sind viele in den vergangenen Tagen einfach panisch geworden, obwohl die Regierung deutlich signalisiert hat, dass sie den Markt stützen will", sagte Chen Jiahe, Chefanalyst von Cinda Securities aus Peking. Der jüngste Abwärtstrend ist deshalb besonders alarmierend, weil die Regierung seit vergangenem Wochenende alle Hebel in Bewegung gesetzt hat, die Panik am Markt verhindern sollen. Sie senkte die Leitzinsen und die Mindestreserve für Banken, um mehr Kapital freizusetzen. Positive Berichte in Staatsmedien sollten Investoren bei Laune halten. Als jüngste Maßnahme kürzte Peking am vergangenen Mittwochabend die Gebühren für Transaktionen um 30 Prozent. Dieser Schritt sei "in Eile wegen spezieller Umstände" beschlossen worden, teilte die Börsenaufsicht über einen Kurznachrichtendienst mit.

Der geballte Widerstand gegen fallende Kurse zeigt die Dringlichkeit, mit der die Wirtschaftsplaner versuchen, die Krise zu lösen. Die Genossen wollen die Kurse nach oben dirigieren, so wie sie es jahrzehntelang mit der Konjunktur getan haben. Notfalls greifen sie dabei zur Brechstange, weil steigende Aktienkurse die stotternden Wirtschaft in Fahrt bringen müssen. Staatsunternehmen sollen ihre Bilanzen mit steigenden Kursen aufbessern und euphorisch erwartete Neuemissionen für frisches Kapital in der Realwirtschaft sorgen.

Am Dienstag hatte es noch danach ausgesehen, als ginge die Rechnung der Regierung auf. Der Composite war um 432 Punkte nach oben geklettert; so viel wie zuletzt an einem einzigen Handelstag im Jahr 1992. Seitdem nahm der Druck wieder massiv zu.

© SZ vom 04.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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