China:Schärfere Kapitalkontrollen 

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In den vergangenen Tagen luden chinesische Finanzbeamte Banker zu geheimen Treffen ein - und erläuterten mündlich neue Regeln im Kampf gegen die Kapitalflucht. (Foto: AFP)

Auslandsüberweisungen sind nur erlaubt, wenn die gleiche Summe ins Land zurückfließt. Die Firmen sind besorgt.

Von Christoph Giesen, Peking

Es waren Festspiele der Propaganda: "Endlich!", titelten die Staatsblätter Ende September voller Genugtuung, gehöre der chinesische Yuan zu den wichtigsten Währungen der Welt. Er stehe auf einer Stufe mit Dollar, Euro, Yen und Pfund. Nicht einmal vier Monate ist es her, dass der IWF den Yuan in seinen Währungskorb aufgenommen hat. Doch wer künftig mit dieser Leitwährung zahlen möchte, kann enorme Schwierigkeiten bekommen.

In den vergangenen Tagen luden chinesische Finanzbeamte Banker in Shanghai und Peking zu geheimen Treffen ein. In diesen Runden erläuterten sie den Managern mündlich neue Regeln, die im Kampf gegen die Kapitalflucht umgehend umgesetzt werden müssen. Demnach dürfen Yuan-Überweisungen aus Shanghai nur noch vorgenommen werden, wenn exakt die gleiche Summe auch wieder nach China zurückfließt. Für 100 Yuan, die die Volksrepublik verlassen müssen also 100 Yuan rückgeführt werden. In der Vergangenheit, berichtet die Financial Times, habe es einen Schlüssel von 160 zu 100 Yuan geben. In Peking sind die Vorschriften künftig sogar noch strikter gefasst, erzählen Banker. Für 80 transferierte Yuan, müssen 100 Yuan wieder ins Land überwiesen werden.

"Die Regierung hat den vergangenen Jahren versucht, den Yuan als Weltwährung zu positionieren. Die nun getroffenen Schritte stehen im Widerspruch dazu", sagt Jörg Wuttke, Präsident der EU-Handelskammer in Peking. "Die neuen Regeln behindern die Geschäfte europäischer Unternehmen und Banken in China stark. Kapitalflüsse und Überweisungen lassen sich derzeit nicht richtig planen", warnt er. Gerade für ausländische Geldhäuser, die im Gegensatz zu den chinesischen Staatsbanken nicht im ganzen Land vertreten sind und daher geringere Bilanzsummenhaben, können die neue Regeln unangenehme Folgen haben, wenn etwa Kunden vertröstet werden müssen, weil die staatliche Quote nicht erfüllt werden kann.

Chinas Devisenberg ist wegen der Kapitalflucht schon um über 900 Milliarden Dollar abgeschmolzen

Aus der Sicht des Apparats sind die Probleme der Kapitalflucht wohl größer. Die neue Mittelklasse schafft ihr Geld ins Ausland, da es in der Volksrepublik kaum Anlagemöglichkeiten und keine Rechtssicherheit gibt. Um welch gewaltige Summen es geht, zeigt allmonatlich der Bestand an Devisenreserven. Noch im Juni 2014 hortete Chinas Zentralbank etwa vier Billionen Dollar. Um mehr als 900 Milliarden Dollar ist der Betrag seitdem abgeschmolzen, weil die Chinesische Volksbank mit Stützkäufen die eigene Währung zu stabilisieren versucht, die durch Kapitalflucht unter Druck geraten war.

Seit einigen Monaten geht Peking systematisch vor. Ende November tauchten in Shanghai zum ersten Mal Beamte bei etlichen Banken auf und verkündeten neue Regeln für Auslandsüberweisungen. Auch damals geschah das nur mündlich. Bis dahin konnten Unternehmen für Im- und Exportgeschäfte problemlos Geld ins Ausland überweisen. Das führte zu Missbrauch. Seit 2012 dürften durch manipulierte Import- und Exportdeals knapp zwei Billionen Dollar die Volksrepublik verlassen haben, schätzen Ökonomen. In der Praxis funktionierte das so: Eine Firma bestellt Waren im Wert von 15 Millionen Euro in Europa, geliefert werden allerdings nur Güter für zehn Millionen, der Rest des Geldes landet auf einem Konto im Ausland.

Seit Ende November müssen Zahlungen über fünf Millionen Dollar genehmigt werden. Das Problem: Offenbar hatte niemand an die Dividenden ausländischer Unternehmen gedacht als die neuen Regeln klammheimlich eingeführt wurden. So steckten bei etlichen europäischen Firmen Zahlungen wochenlang fest. Erst seit Kurzem hat sich die Lage wieder ein wenig normalisiert, und Genehmigungen werden erteilt. "Chinas Führung versucht gegen die Kapitalflucht vorzugehen, das ist nachvollziehbar", sagt Kammerpräsident Wuttke, "allerdings muss die Regierung solch drastische Maßnahmen, wie sie nun eingeführt worden sind, besser und transparenter kommunizieren."

© SZ vom 24.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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