Carsharing:Gratis parken

Die Bundesregierung will Carsharing per Gesetz fördern - noch vor der Bundestagswahl. Sie will Privatautos ersetzen und die Straßen in den Innenstädten entlasten. Denkbar sind zum Beispiel reservierte Parkflächen für Autoteiler.

Von Markus Balser, Berlin

Die neue Leidenschaft für das Teilen könnte Städte eigentlich von Autos befreien. Fahrzeuge gemeinsam mit anderen zu nutzen, ist zwar populär geworden. Bei den 150 Carsharing-Anbietern in Deutschland sind fast 1,3 Millionen Teilnehmer registriert. Doch bislang stößt das Modell in vielen Innenstädten an seine Grenzen. Wer sein Kurzzeitgefährt abstellen will, sucht oft vergeblich nach Parkplätzen. So genannte Freefloat-Anbieter wie Drivenow (BMW), Multicity (Citroën) oder Car2go, deren Autos im öffentlichen Raum stehen, haben deshalb vor allem in den Zentren ein ernstes Problem. Die Bundesregierung will diesen Anbietern und ihren Kunden das Leben künftig etwas leichter machen - und die neue Form der Mobilität fördern. Das Bundeskabinett beschloss am Mittwoch einen Gesetzentwurf, der es den Kommunen ermöglichen soll, Parkgebühren für Carsharing-Autos zu senken oder ganz zu streichen. Zudem sollen sie bestimmte Abstellflächen ausschließlich für solche Fahrzeuge reservieren können. Bislang ist das für Städte und Gemeinden nur symbolisch möglich - Falschparker müssen keine Strafzettel fürchten.

Auch Anbieter wie Statt-Auto, Cambio oder Flinkster, die ihre Autos von festen Stationen aus anbieten, sollen es künftig leichter haben. Sie können dem Gesetzentwurf zufolge von den Kommunen öffentliche Flächen für Abhol- und Rückgabestationen erhalten. Die Firmen müssen sich demnach für die Nutzung solcher Flächen bewerben. Die Stationen könnten dann gezielt etwa an Knotenpunkten des öffentlichen Nahverkehrs platziert werden. Ziel ist es, die verschiedenen Verkehrsmittel besser miteinander zu verbinden und solche Angebote sichtbar zu machen.

Der Gesetzentwurf soll vor der nächsten Bundestagswahl im Herbst 2017 in Kraft treten. Die Politik fördert die geteilten Autos, weil sie Privatautos ersetzen und damit die Straßen in deutschen Innenstädten entlasten. Je nach Studie ist die Rede von fünf bis zehn Wagen. Der Entwurf von Bundesumwelt- und Bundesverkehrsministeriums definiert auch erstmals genau, was unter den Begriff Carsharing fällt. Er schafft so auch die Möglichkeit, dass die Autos besonders gekennzeichnet werden. Das könnte den Verkehr in deutschen Innenstädten noch weiter verändern. Denn wer die Dienste nutzt, könnte künftig auch noch andere Vorteile im Straßenverkehr genießen. Denkbar wäre etwa die Nutzung von Busspuren.

Carsharing sei "eine Chance für nachhaltige Mobilität in den Städten", begründete Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) das Gesetzesvorhaben. Gerade junge Leute interessierten sich dafür. "Diese Entwicklung wollen wir unterstützen." Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) erklärte, Carsharing, habe noch großes Wachstumspotenzial.

Der ökologische Verkehrsclub Deutschland (VCD) kritisierte das Gesetz am Mittwoch allerdings als zu kompliziert. So seien zusätzlich zum Bundesgesetz noch Regelungen in jedem einzelnen Bundesland nötig, damit die Kommunen überhaupt tätig werden können. Den beteiligten Ministerien habe "der Mut" für ein einheitliches Bundesgesetz gefehlt, kritisierte die Organisation.

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