Buchmarkt:Kleine Erfolge

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Die Buchläden in Deutschland können sich gegen den Internethandel behaupten. Die Umsätze wachsen seit Jahren jedoch kaum.

Von Dieter Sürig, München

Es gibt sie noch: die positiven Signale aus dem Buchhandel. Die angeschlagene Kette Weltbild eröffnet nach dem Verkauf von 67 schlecht laufenden Geschäften wieder neue Filialen. Und auch kleine Buchhandlungen kämpfen erfolgreich: Die Frankfurter Traditionsbuchhandlung Carolus zum Beispiel, die wegen der Kündigung des Mietvertrages durch die katholische Kirche in Gefahr geraten war. Sie kann im November neue Räume beziehen - wenn auch mit weniger Beschäftigten.

Dies sind kleine Erfolge in einer Branche, in der seit Jahren bei den Erlösen fast Stillstand herrscht. Dem Börsenverein des Buchhandels zufolge sind die - geschätzten - Jahresumsätze seit der Jahrtausendwende fast kontinuierlich zurück gegangen: von etwa 9,4 auf 9,3 Milliarden Euro im vergangenen Jahr. Einige Ausrutscher ins Plus haben der Branche aber noch einen nominellen Umsatzzuwachs von gut einem Prozent verschafft. Und wenn der Branchenverband meldet, dass in den vergangenen beiden Jahren 119 neu gegründete Buchhandlungen Mitglied im Börsenverein geworden sind, dann täuscht das nicht darüber hinweg, dass die Anzahl reiner Buchhandlungen seit 2009 von 4290 auf 3896 zurückgegangen ist. Berücksichtigt sind sogar auch Buchhändler mit mindestens 17 500 Euro Jahresumsatz, sie werden kaum davon leben können. Das Gros der Buchhandlungen (1044) macht 100 000 bis 250 000 Euro Umsatz, neun 50 Millionen Euro und mehr.

Kleine Erfolge in einer gebeutelten Branche: Der traditionelle Buchhandel gewinnt wieder Marktanteile gegenüber dem reinen Online-Geschäft. (Foto: Roland Weihrauch)

Alexander Skipis führt den Börsenverein, er sieht die stetig weiter nach unten laufende Umsatzkurve gelassen. "Uns beunruhigt das überhaupt nicht, weil das Buch sehr stark in der Gesellschaft verankert ist", sagt er. Das Medienverhalten der Menschen habe sich durch Internet und Smartphone grundlegend verändert, gibt er zu bedenken. "Dennoch haben wir es geschafft, Anteile zu halten, da sieht man die Stärke des Buches." Skipis sieht sogar gute Chancen, dass sich der stationäre Buchhandel im Wettbewerb mit dem Onlinehandel behaupten kann. So haben die Buchläden ihren Marktanteil nach mehreren Jahren des Rückgangs von 48,3 Prozent im Jahr 2012 wieder auf 49,2 Prozent ausgeweitet. Der Internetbuchhandel verlor hingegen leicht von 16,5 auf 16,2 Prozent. Es sind die kleinen Dinge, die die Buchhändler stolz machen. "Eine perfekte Symbiose von physischer Präsenz und Onlinehandel", jubelt Skipis trotzig, "wir können es besser als Amazon".

Ähnlich wie in den USA flacht das Wachstum des Umsatzanteils von elektronischen Büchern ab, er betrug im vorigen Jahr in Deutschland 4,3 Prozent nach 3,9 Prozent im Jahr 2013. "Das ist eher unerwartet, aber der Anteil wird wahrscheinlich mittelfristig weiter leicht steigen", sagt Skipis. Für ihn ein Bekenntnis zum gedruckten Buch: "Das Betriebssystem Print ist unschlagbar. Der Mensch möchte riechen, fühlen, anfassen".

Das Lesegerät Tolino hat den Kindle von Amazon in Deutschland überholt

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SZ-Grafik: Sead Mujic; Quellen: Börsenverein des deutschen Buchhandels, Buchreport, Unternehmen

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SZ-Grafik: Sead Mujic; Quellen: Börsenverein des deutschen Buchhandels, Buchreport, Unternehmen

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SZ-Grafik: Sead Mujic; Quellen: Börsenverein des deutschen Buchhandels, Buchreport, Unternehmen

Dass der deutsche Buchhandel über das Lesegerät Tolino auch breit in das E-Buchgeschäft eingestiegen ist, begrüßt er. "Wir gewinnen damit Marktanteile für den Handel zurück." Der Tolino der Buchhändler Thalia, Weltbild, Hugendubel, Libri und Bertelsmann hat Amazons Lesegerät Kindle am deutschen E-Buch-Markt im dritten Quartal 2014 mit einem Anteil von 45 gegenüber 39 Prozent überholt, wie das Branchenblatt Buchreport meldete. Im Gesamtjahr 2014 ist der Amazon-Marktanteil aus Sicht der Marktforscher der GfK auch erstmals seit Jahren geschrumpft. Im ersten Halbjahr 2015 hat Amazon gegenüber dem Vergleichszeitraum 2014 laut GfK allerdings schon wieder aufgeholt - von 46 auf 47 Prozent. Der Tolino, zu dem künftig auch die Regional-Buchketten Mayersche in Nordrhein-Westfalen und Osiander in Südwestdeutschland stoßen, dürfte demnach aber immer noch knapp 40 Prozent der Anteile halten.

Die Erfolge der Tolino-Allianz sollten jedoch nicht überbewertet werden. Trotz des Jubels ist eine gewisse Nüchternheit angesagt: Erstens machen E-Bücher nur einen geringen Umsatzanteil in der Branche aus. Und zweitens wird ein Großteil der E-Bücher überhaupt nicht auf speziellen Lesegeräten gelesen, respektive über sie herunter geladen.

© SZ vom 14.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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