BayernLB-Prozess um Hypo Alpe Adria:Prozesstag ohne Flick-Witwe

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Die BayernLB versucht vor Gericht, gegen die Verkäufer der Hypo Alpe Adria vorzugehen. Die bayerische Staatsbank fühlt sich getäuscht - die Bilanzen seien vor dem Kauf gefälscht worden. Ein Hauptzeuge berichtete von geheimen Absprachen. Doch ein Urteil ist noch weit entfernt.

Klaus Ott, Wien

Ingrid Flick ist für diesen Freitag als Zeugin geladen, sie kommt aber nicht. Die prominente Geschäftsfrau, die in vielen Ländern investiert und kassiert, hat keine Zeit für das Handelsgericht Wien. Dort hätte die Witwe des Milliardärs Friedrich Karl Flick, dessen Name für einen der größten Parteispen-denskandale in Deutschland steht, zu einer ganz anderen Affäre aussagen sollen. Zur Affäre um die österreichische Finanzgruppe Hypo Alpe Adria und die Bayerische Landesbank.

Die BayernLB hatte die Hypo-Gruppe 2007 gekauft und später mit 3,7 Milliarden Euro Verlust wieder abgestoßen. Heute behauptet die Staatsbank in München, sie sei beim Erwerb der in Kärnten ansässigen Hypo Alpe Adria betrogen worden. Nicht von Ingrid Flick. Aber von Leuten, mit denen die Milliardärswitwe zu tun hatte. Die BayernLB will Schadenersatz von Altaktionären der Kärntner Bank und kommt dabei gut voran vor Gericht, auch ohne Ingrid Flick. Deren früherer Rechtsanwalt ist ebenfalls an diesem Freitag geladen, auch er lässt sich entschuldigen.

Dafür haben diese Woche andere Zeugen ausgesagt, darunter eine Schlüsselfigur in der Affäre, Notar Reinhard K. aus Kärnten. Er berichtete der Justiz von vertraulichen Abmachungen und geheimen Absprachen, von erst versteckten und dann vernichteten Dokumenten. K. hat, wie er erzählt, die brisanten Papiere auf Anweisung eines früheren Hypo-Vorstands entsorgt. Einige Kopien davon oder zumindest Entwürfe der betreffenden Vereinbarungen sind allerdings erhalten geblieben und liegen nun bei Gericht, das den Notar dazu befragt. Seine Hände zittern, als er die Papiere durchblättert. K. ist angespannt und nervös, und nachdem er die Vernehmung überstanden hat, will er nur noch weg. "Ich bin fix und fertig", sagt er draußen im Gang. Früher hat der Kärntner Jurist für viele bedeutende Manager und Unternehmer in seiner Heimat viele Verträge beurkundet. Heute könnte seine Aussage dazu führen, dass einige dieser Leute noch mehr Ärger bekommen, als sie ohnehin schon haben.

Zum Beispiel Wolfgang Kulterer, Siegfried Grigg und Tilo Berlin, alle frühere Chefs der Hypo Alpe Adria (die alle ihre Unschuld beteuern). Sie hatten den Erkenntnissen der Justiz zufolge einige jener verborgenen Absprachen angebahnt oder abgeschlossen, die bei der Aufklärung der Banken-Affäre durch Staatsanwälte und Sonderermittler entdeckt wurden und die nun dazu führen, dass die BayernLB auf Schadenersatz klagt. Wegen arglistiger Täuschung, so der Vorwurf. Die Hypo Alpe Adria hatte seit 2006 ausgewählten Aktionären insgeheim zugesagt, deren Anteile später wieder zurückzunehmen. Zu einem fixen Preis und mit garantierter Dividendenzahlung. Für diese Aktionäre, darunter Ingrid Flick und andere in Österreich bekannte Unternehmer, war das ein sicheres Geschäft. Es war, als ob sie der Hypo-Gruppe Geld geliehen hätten. Die Hypo Alpe Adria hatte die vielen Millionen Euro aber als Eigenkapital verbucht.

Das sei Bilanzfälschung gewesen, und wäre es damals schon aufgeflogen, hätte man die Hypo erst gar nicht gekauft, behauptet die BayernLB. Ihre Klage richtet sich formal gegen die einst von Kulterer und Berlin geleitete Mitarbeiter-Privatstiftung (Maps) der Hypo Alpe Adria. Die Maps war einer von vielen Hypo-Aktionären; sie hat zusammen mit dem Land Kärnten und diversen Investoren um Tilo Berlin die Hypo-Gruppe nach Bayern verkauft. Gewinn der Maps dabei: einige zehn Millionen Euro. Kärnten sowie Berlin und seine Investoren haben viel mehr Profit gemacht. Die Klage gegen die Maps, bei der allenfalls zehn Millionen Euro zu holen sind, ist eine Art Testlauf. Gewinnt die BayernLB, will sie auch Berlin & Co. und Kärnten in Regress nehmen. Dort könnte viel mehr herausspringen. Dazu braucht es aber viel Geduld.

Ein Urteil kommt frühestens Ende 2013, Anfang 2014

Das Verfahren beim Handelsgericht Wien ist ziemlich kompliziert, weil diverse davon direkt oder indirekt betroffene Personen und Firmen daran beteiligt sein wollen, um ihre Rechte zu wahren. Bis Österreichs Justiz rechtskräftig entschieden hat, wer bei den Verhandlungen mit am Tisch sitzen darf, könnte es fast noch ein Jahr dauern. Erst danach wird das Handelsgericht wieder tagen, wie Richterin Charlotte Schillhammer bei den Zeugenvernehmungen in dieser Woche verkündete. Mit einem Urteil rechnet Schillhammer frühestens Ende 2013, Anfang 2014. So ungefähr, denn sie kann "vieles noch nicht abschätzen".

Und dann sind da noch die zahlreichen Einwände, die ständig vorgetragen werden. Zum Beispiel vom Salzburger Anwalt Malte Berlin, Bruder des früheren Hypo-Chefs Tilo Berlin, dem Ungemach droht. Malte Berlin kämpft vor Gericht vehement für die Familienehre; er hakt ein, hält vor, gibt zu bedenken. Einmal allerdings ging das Richterin Schillhammer diese Woche zu weit, weshalb sie dem Salzburger Anwalt einen "letzten Warnschuss" verpasst hat. Schillhammer sagte zu Malte Berlin: "Ich kann Ihrer Mandantschaft auch auftragen, sich von einem anderen Anwalt vertreten zu lassen." Umgekehrt fuhr die resolute Richterin auch den Vertretern der BayernLB in die Parade, als die keine Ruhe gaben.

Fortsetzung also nächstes Jahr, vielleicht mit Zeugin Ingrid Flick. Die reiche Erbin und die Flick-Privatstiftung haben an der Hypo-Gruppe und deren Verkauf nach Bayern gut verdient. Die Steuerzahler in Bayern und Österreich hat das Hypo-Desaster fünf Milliarden Euro gekostet. Diese Diskrepanz wäre aber nicht das Thema, wenn Ingrid Flick vor Gericht erschiene. Zuvor muss sie noch ihr jetziges Fernbleiben begründen, was sie auch angekündigt hat. Das erspart ihr eine Ordnungsstrafe.

© SZ vom 16.03.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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