Batterien für E-Autos:Kooperation gescheitert

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Deutsche Autokonzerne haben die Batterietechnik aufgegeben, weil sie sich nicht einigen konnten. Nun kommt Tesla-Chef Elon Musk und will in Deutschland eine Batteriefabrik bauen.

Von Max Hägler, Rastatt

Es ist eine ungewöhnliche Konstellation, die da Stimme erhebt, an diesem Dienstag im Daimler-Getriebewerk Rastatt. "Die Automobilhersteller", sagt Michael Brecht, "müssen künftig mehr zusammenstehen, mehr zusammenarbeiten." Brecht ist kein Unternehmensberater und auch kein Manager, er ist Gesamtbetriebsratschef bei Daimler. An seiner Seite stehen Uwe Hück, Porsche-Betriebsratschef und Bernd Osterloh, der mächtige oberste Arbeitnehmervertreter von Volkswagen. Alle drei sind sich einig: Das Konkurrenzdenken der deutschen Hersteller ist kein Modell für die Zukunft, also für die Zeit, in der Autos elektrisch angetrieben sind und vom Computer gesteuert fahren.

Die drei "Muskeltiere" nennen sie sich selbst und lachen dabei: kräftig sind die Männer, glatzköpfig und natürlich per Du. Und sie sind fordernd, auch gegenüber ihrem Duz-Freund Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD), der auch gekommen ist in die Werkshalle: Deutschland müsse wieder in die Fertigung von Batteriezellen einsteigen, der Grundlage gewissermaßen von Elektroautos, und zwar eben als gemeinsame, herstellerübergreifende Aktion. So wie das die drei Hersteller Audi, BMW und Mercedes in diesem Jahr mit dem Kauf des Kartenherstellers Nokia Here bereits einmal geprobt haben. "Wir sind Erfinder", sagt Brecht, "es geht am Ende aber auch darum, das in Arbeitsplätze umzusetzen."

Das ist die große Sorge der Belegschaftsbosse in der Automobilindustrie: dass Deutschland beim Übergang zur Elektromobilität zu spät ist und Jobs hier verloren gehen, etwa weil Elektroautos keine Getriebe mehr brauchen und weil Komponenten, wie etwa die Batteriezellen, anderswo gefertigt werden. In drei oder vier Jahren könnte sich das bereits auf das Jobangebot auswirken, sagt Osterloh. Und sein Kollege Hück mahnt: In den kommenden fünf Jahren würden sich die automobilen Technologien schneller ändern als in den vergangenen 30 Jahren zusammengenommen. Allein seien die deutschen Hersteller vielleicht nicht stark genug, um hier mitzuhalten. Auch wenn sich die Vorstände jeweils noch schwer tun, das auszusprechen. Das Beispiel Batteriezellen zeigt in der Tat, dass selbst ein Großkonzern zu klein sein kann, um Erfolg zu haben. Daimler habe sich gerade aus dieser Technik zurückgezogen, weil es noch zu wenig Nachfrage und damit eine Überkapazität gebe, erklärt Daimler-Vorstand Wilfried Porth. Jahrelang habe sein Konzern versucht, Partner zu gewinnen, so wie es jetzt die Belegschaftsvertreter fordern. "Aber keiner wollte mitmachen". Mittlerweile ist das Daimler-Management ernüchtert: Nur noch um die Steuerung der Batterien will man sich weiter selbst kümmern; die Zellen selbst kommen nun aus Asien, etwa von LG oder Panasonic, und nicht mehr aus Sachsen. Das ist den drei Gewerkschaftern zu wenig.

Mit einer stärkeren Industriepolitik könnte man doch etwas bewegen, schlagen sie vor. Wobei, das ist auch kurios, von deutscher Industriepolitik, von deutschen Subventionen ausgerechnet Elon Musk profitieren könnte. Der Gründer der schicken US-Elektroautomarke Tesla überlegt, in Europa, am liebsten wohl in Deutschland zu fertigen - und zwar ausgerechnet Batterien. Im Sommer sei der Visionär in seinem Ministerium zu Besuch gewesen, erzählt Sigmar Gabriel. Wenn die Pläne spruchreif seien, 2016 wohl, dann könne man noch mal ins Gespräch kommen. Und schaffe Musk damit Arbeitsplätze in einer strukturschwachen Region, dann könne dessen Firma auch mit Förderung durch den Staat rechnen. Das ist eine Vorstellung, die den Arbeitnehmervertretern deutscher Autoherstellern gar nicht gefällt. "Wir wollen nicht", sagt Brecht, "dass ausländische Investoren mit Geld unterstützt werden."

© SZ vom 18.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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