Bank Espírito Santo in Portugal:So geht Bankenrettung

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Mit der Übernahme der Bank Espírito Santo hat die portugiesische Regierung echten Mut bewiesen - und anderen Staaten den richtigen Weg aufgezeigt. Denn die Steuerzahler bleiben diesmal nicht auf den maroden Bankenteilen sitzen.

Kommentar von Claus Hulverscheidt

Die Bankenkrise, so scheint es, ist zurück in Europa, und diesmal erreicht sie wahrlich biblische Dimensionen. Mit einem Hilfspaket im Umfang von fast fünf Milliarden Euro retten die portugiesischen Steuerzahler die in Not geratene Banco Espírito Santo (BES) vor dem Kollaps - die Heilig-Geist-Bank, die allerdings nicht in typisch menschlicher Hybris nach einer der Erscheinungsformen der göttlichen Dreieinigkeit benannt wurde, sondern nach der Gründerfamilie. Die heißt tatsächlich so.

Die BES wird aufgespalten in eine sogenannte good bank und eine bad bank. Die Einlagen der Kunden und alle werthaltigen Vermögensanteile wandern in die good bank, die künftig unter dem Namen Novo Banco, Neue Bank, firmieren wird. Schluss also mit jeder Göttlichkeitskoketterie.

Alle ausfallgefährdeten Papiere werden hingegen in die bad bank ausgelagert, ebenso die in mehrerlei Hinsicht fragwürdigen Milliarden-Deals des Instituts mit Angola. Alles wie immer, könnte man meinen, schließlich ist das Konzept der Aufspaltung von Banken in gute und schlechte Teile auch aus anderen Staaten bekannt, zum Beispiel aus Deutschland.

Espírito-Santo-Gruppe in Portugal
:Bankenrettung auf Familienkosten

Aufatmen in Lissabon: Mit knapp fünf Milliarden Euro wird die Krisenbank BES gerettet. Der Staat übernimmt die Kontrolle über die gesunden Bereiche, die faulen Kredite behält die Familie Espírito Santo. Dadurch könnte der umstrittene Clan von den Reichen-Listen in Portugal verschwinden.

Von Thomas Urban

Filetstücke für den Staat

Hier aber liegt exakt der Unterschied zu vorangegangenen Rettungsaktionen: Anders als in den meisten früheren Fällen nämlich wird im Fall der BES dem Steuerzahler nicht die bad bank aufgehalst, während sich die Aktionäre ins Fäustchen lachen und mit den übrig gebliebenen Filetstücken weiter gute Geschäfte machen.

Es ist vielmehr genau umgekehrt: Die Alteigentümer und sonstigen Kernkapitalgeber behalten die bad bank und müssen die garantiert auftretenden Verluste aus eigener Tasche bezahlen. Die good bank hingegen gehört bis auf Weiteres dem Staat, der sie in einigen Jahren - womöglich mit ordentlichem Gewinn - wieder privatisieren kann. Das ist auch für die europäischen Steuerzahler eine gute Nachricht, die über den Euro-Schutzschirm EFSF für die ganze Operation bürgen.

Ein echter Paradigmenwechsel

Die Entscheidung der Regierung in Lissabon ist mutig und ein echter Paradigmenwechsel im Umgang mit maroden Banken. Da Ministerpräsident Pedro Passos Coelho in den letzten Jahren zudem den Staatshaushalt gegen massive Widerstände in Ordnung gebracht hat, besteht auch nicht die Gefahr, dass eine einzelne Bank einmal mehr einen ganzen Staat ins Wanken bringt.

Die Reaktion der Finanzmärkte auf die Ankündigung des Hilfspakets unterstreicht das: Die Risikoaufschläge portugiesischer Staatsanleihen stiegen am Montag nicht etwa, sie sanken.

Kritiker der europäischen "Rettungspolitik" werden einwenden, dass noch völlig offen ist, ob Passos Coelho die Neue Bank jemals wieder loswird und ob am Ende nicht doch die Steuerzahler die Dummen sind. Die Erfahrungen andernorts, etwa in den Vereinigten Staaten, sprechen dagegen. So ging die US-Regierung nach Ausbruch der Bankenkrise 2008 sehr viel rigider mit ihren Instituten um, viele wurden geschlossen, andere mit Steuergeld zwangsrekapitalisiert und verstaatlicht. Mittlerweile sind fast alle Geldhäuser wieder verkauft - mit teils ordentlichem Gewinn für die Staatskasse.

So entschlossen die Regierung in Lissabon aber auch gehandelt hat, und so einzigartig viele Umstände bei der BES sind, so sehr zeigt der Fall zugleich, wie fragil die Situation der Branche insgesamt noch ist. Auch wird deutlich, was auf die Europäische Zentralbank (EZB) an Verantwortung zukommt, wenn sie im Herbst die Aufsicht über die systemisch wichtigen Geldhäuser in Europa übernimmt.

Passieren deutscher Institute beim Stresstest fraglich

Das gilt umso mehr, als die Notenbank - siehe BES - immer wieder auch auf Aufsichtsräte treffen wird, die blind sind oder gar nicht hinschauen wollen. Da ist es für die Kontrollbehörde umso schwieriger, die Risse hinter der glänzenden Fassade zu entdecken.

Immerhin: Die gröbsten Spalten sollten bei der laufenden Überprüfung aller Bankbilanzen sowie der geplanten Simulation von Krisensituationen, den sogenannten Stresstests der EZB, zutage treten. Sie können dann rechtzeitig vor Errichtung der Europäischen Bankenunion geschlossen werden. Durchaus möglich, dass bei dem Test auch das ein oder andere deutsche Institut noch unangenehm auffallen wird.

Bankenkrise ist nicht zurück

Und dennoch: Nein, die Bankenkrise ist nicht zurück, nicht in Portugal und erst recht nicht in ganz Europa. Das bedeutet keineswegs, dass die Gefahr für alle Zeit gebannt wäre. Doch zeigt der Umgang mit der Heilig-Geist-Bank auch, dass die Menschheit - anders als ihr Defätisten gern weismachen wollen - sehr wohl in der Lage ist, aus Fehlern zu lernen.

Noch klüger wäre es, wenn Menschen die Fehler erst gar nicht begehen würden. Dann jedoch wären sie vermutlich keine Menschen mehr.

© SZ vom 05.08.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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