Autonomes Fahren:Selbstfahrenden Autos droht ein Känguru-Problem

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Achtung, Kängurus voraus: In Australien sind Unfälle mit den Beuteltieren an der Tagesordnung. (Foto: imago)

Ein Elch ist ein Elch, ein Rentier ein Rentier. Aber Kängurus? Das Warnsystem von Volvo kommt mit den Beuteltieren nicht zurecht. Das zeigt, wie weit der Weg zum autonomen Fahren noch ist.

Von Helmut Martin-Jung, München

Andere Länder, andere Herausforderungen: Weil es auf den Straßen Schwedens schon mal passieren kann, dass plötzlich ein Elch oder ein Rentier vor einem steht, hat der schwedische Autohersteller Volvo für einige seiner Fahrzeuge ein Erkennungssystem entwickelt. Es warnt den Fahrer, wenn es ein großes Tier erkennt. Der Vorteil der Large Animal Detection System genannten Sicherheitseinrichtung: Sie reagiert nach Angaben des Herstellers bereits nach 0,05 Sekunden, ein Mensch dagegen brauche 1,2 Sekunden - und damit womöglich den entscheidenden Moment zu lange.

Alles eine gute Sache also, die eigentlich auch bei anderen Tieren funktionieren sollte. Doch ganz so einfach ist es dann doch nicht, wie nun herauskam. Denn Kängurus, die Sätze bis zu zwölf Metern und mehr machen können, verwirren das Volvo-System. Springt ein Känguru, erscheint es dem Tier-Erkennungssystem viel weiter weg, als es tatsächlich ist. Außerdem verändert sich der Umriss eines Kängurus stark, je nachdem, ob es am Boden kauert, steht oder hüpft und ob es sich um ein kleineres oder größeres Exemplar handelt. In Australien ist das keineswegs ein Randproblem: Der dortigen National Roads and Motorists' Association zufolge kommt es in jedem Jahr zu mehr als 16 000 Zusammenstößen mit Kängurus.

Künstliche Intelligenz ansteller von starrer Erkennung von Mustern

Schwierigkeiten wie diese zeigen aber auch, dass der Weg hin zu Autos, die ihren Weg völlig alleine finden, noch weiter sein könnte, als manche optimistische Einschätzung vermuten lässt. Auch hier könnte der fünfte Kontinent mit seinen oft unmarkierten Straßen und seinen überlangen Lastwagen-Zügen eine Herausforderung sein. Fehlen Markierungen wie Mittellinie und Seitenmarkierung, tun sich die Systeme schwer, die ein Auto in seiner Spur halten sollen. Andernorts könnten Regen und Schnee die Systeme vor große Herausforderungen stellen.

Etwas allgemeiner ausgedrückt, könnte es durchaus sein, dass die Komplexität der realen Welt, durch die sich autonome Fahrzeuge bewegen sollen, noch für einige Zeit zu hoch für diese bleibt. Während gut ausgestattete Mittelklasseautos auf Autobahnen schon heute nahezu alles machen außer zu lenken, wird es von Landstraßen an erheblich komplizierter für die Systeme, sich zurechtzufinden. Da wachsen Sträucher über Schilder, da sind die Markierungen auf den Straßen verblasst oder aber erst gar nicht vorhanden. Daher wollen die Hersteller auch keine starre Mustererkennung einsetzen, sondern künstliche Intelligenz, die - so die Hoffnung - auch mit Situationen zurecht kommt, die keiner vorhersehen konnte.

Und dann gibt es natürlich noch diese Tücken der Technik, die einem ein Schnippchen schlagen können. Eines der Art etwa, wie es dem Fahrer eines Tesla passiert ist. Der wollte eigentlich nur mit seiner Frau ein paar Fotos von dem eben gefallen Schnee in einem Canyon machen. Fuhr also die rund zehn Kilometer dorthin. Das Auto hatte er mit seinem Smartphone aufgesperrt, den eigentlichen Schlüssel jedoch zu Hause gelassen. Das funktionierte auch prima. Bis er das Auto nach dem Fotografieren wieder aufsperren wollte. Dafür muss das Smartphone jedoch mit dem Internet verbunden sein. In dem abgelegenen Canyon bekam er allerdings kein Signal. Erst als seine Frau gut drei Kilometer durch den Canyon gelatscht war, hatte sie wieder Handyempfang und konnte jemanden herbeirufen, um die Gestrandeten abzuholen.

© SZ vom 05.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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