Arcandor in der Finanzklemme:Middelhoff geht ans Tafelsilber

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Thomas Cook abstoßen? Arcandor-Chef Middelhoff hatte die profitable Reisesparte immer für unantastbar erklärt. Bis jetzt.

Wegen der anhaltenden Verluste im Warenhausgeschäft muss der Arcandor-Konzern womöglich die Notbremse ziehen und seine profitable Touristiksparte Thomas Cook zumindest teilweise verkaufen. Damit wäre Vorstandschef Thomas Middelhoff zu einem grundlegenden Strategiewechsel gezwungen.

Ein teilweiser Verkauf der profitablen Reisesparte ist für Arcandor nicht mehr ausgeschlossen. (Foto: Foto: dpa)

Nach der Vereinbarung mit den Banken über eine neue Finanzierung stellt Arcandor nach eigener Auskunft nun die Struktur der Konzerns auf den Prüfstand.

"Dies kann auch die Reduzierung der Beteiligungen an der Karstadt Warenhaus GmbH und der Thomas Cook Group beinhalten", teilte das Unternehmen mit.

"Unterschiedliche Informationsstände"

Ein Sprecher hatte noch wenige Stunden zuvor betont, dass eine Trennung von Anteilen an der lukrativen Tourismustochter Thomas Cook nicht geplant sei. Zu den Hintergründen der Mitteilung wollte sich der Sprecher am Donnerstag in Essen nicht äußern. Es habe in dem Unternehmen "unterschiedliche Informationsstände" gegeben, hieß es lediglich.

An der Börse kamen Befürchtungen auf, dass sich der Konzern wegen der Finanzkrise zu Schleuderpreisen von Vermögenswerten trennen muss. Der Arcandor-Aktienkurs brach um fast acht Prozent ein. Nach Einschätzung von LBBW-Analyst Hans-Peter Kuhlmann besteht die Gefahr, "dass die Vermögensgegenstände aufgrund der schwierigen Marktverhältnisse unter ihrem langfristigen Wert verkauft werden".

Verkauf mit weitreichenden Folgen

Am Mittwoch hatte Arcandor die Einigung mit den Banken über dringend benötigte Kredite verkündet, der lange und schwierige Verhandlungen vorausgegangen waren.

Damit sind auch die Warenlieferungen wieder in vollem Umfang abgesichert. Finanzkreisen zufolge musste Arcandor allerdings Cook-Anteile an die Banken verpfänden. Nach Einschätzung von Analysten liegen die Zinsbelastungen für Arcandor zudem über den marktüblichen Konditionen.

Eine Veräußerung von Anteilen der Touristiksparte Thomas Cook, an der Arcandor 52 Prozent hält, würde den Zuschnitt des Konzerns grundlegend ändern. Denn die Reisetochter trägt fast 60 Prozent zum Umsatz bei, im Rumpfgeschäftsjahr 2007 (Januar bis September) schrieb allein Cook schwarze Zahlen. Middelhoff hatte die Touristik bislang als wichtigste Säule der Zukunft angesehen. Vor allem auf Cook stützt er die Konzernprognose für das kommende Geschäftsjahr.

Bei Karstadt kriselt es hingegen schon länger. Wegen hoher Kosten und der Konsumflaute schrieb die Warenhaustochter im vergangenen Quartal deutlich höhere Verluste und zog den Konzern in die roten Zahlen. Middelhoff sah sich zu einer Herabsetzung der Geschäftsziele gezwungen. Kostensenkungen und Stellenstreichungen sollen Karstadt in die Spur bringen.

Middelhoff will das Warenhaugeschäft internationaler aufstellen, um es vom schwierigen Heimatmarkt abzukoppeln. Ein Verkauf von Karstadt dürfte wegen der derzeitigen Branchenflaute schwierig sein.

© sueddeutsche.de/Reuters/AP/dpa/jkr/hgn - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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